Die Jugendlichen im Bezirk wünschen sich einen Ort, an dem sie legal Graffiti sprühen dürfen. Der Bezirksbeirat unterstützt das Anliegen, und auch die Stadt hat bereits ihre Zustimmung für die Autobahnunterführung der A 831 gegeben.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Vaihingen - Um die 250 000 Euro hat die Stadt Stuttgart im vergangenen Jahr für die Entfernung illegaler Graffiti ausgegeben. Das ist viel Geld. Lediglich etwa ein Prozent davon, nämlich 2600 Euro, würde es jährlich kosten, einen Mülleimer an einer legalen Graffiti-Fläche bereitzustellen und diesen regelmäßig zu leeren.

 

Mit diesem Kostenvergleich warben fünf Schüler der Graffiti-AG des Hegel-Gymnasiums im Bezirksbeirat in Stuttgart-Vaihingen. Emil Gruneberg und Maximilian Keck sprachen stellvertretend für die Jugendlichen, die sich eine Fläche wünschen, auf der sie legal ihre Werke verewigen dürfen. Denn einen solchen Ort gibt es bislang nur in der„Hall of Fame“ unter der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt. „Graffiti ist eine Kunst, die viele Menschen schön finden, auch wenn sie nicht selber sprühen“, so die Jugendlichen.

Die Vaihinger Bezirksbeiräte unterstützten das Anliegen der Gymnasiasten. „Ich finde die Idee großartig. Der Bezirk wird ein bisschen bunter, und die Stadt spart sogar noch Geld“, sagte Eyüp Ölcer (Freie Wähler). „Es macht Sinn, hier in Vaihingen eine weitere legale Fläche umzusetzen, denn die Hall of Fame in Cannstatt ist weit weg“, ergänzte Karsten Eichstädt von der CDU.

In der Unterführung entfallen Parkplätze

Im Blick haben die Jugendlichen die Unterführung der A 831 bei der BMW-Niederlassung an der Ecke Kurmärker Straße und Panzerstraße. Die gehöre zwar dem Bund, der habe allerdings seine Zustimmung zur Nutzung als Graffiti-Fläche gegeben, erklärte Claus-Dieter Hauck, der Leiter der Abteilung Stadtbahn, Brücken und Tunnelbau im Tiefbauamt. „Die Unterführung ist schön lang und breit genug, dass sich Künstler und Fußgänger oder Radfahrer nicht in die Quere kommen“, sagte Hauck. Auch die Jugendlichen werden nicht gefährdet, weil dort eigentlich kein Auto durchfahren darf.

Die Unterführung wird allerdings gerne als Parkplatz genutzt. Das wird sich künftig ändern, wenn eine der beiden Wände als Graffiti-Fläche ausgeschildert wird. „Neun, zehn Autos weniger werden dann unter der Brücke Platz finden“, erläuterte Hauck. Wer doch sein Auto abstellt, riskiert schlichtweg eine Beschädigung seines Fahrzeugs durch Sprühnebel. „Wir können gerne beide Seiten für Graffiti freigeben, es würde nicht schaden, wenn dort gar nicht mehr geparkt wird“, warf Ulrich Bayer ein. Claus-Dieter Hauck bremste den CDU-Bezirksbeirat allerdings aus. „Ich würde es nicht übertreiben wollen, der Parkdruck im Gebiet Untere Waldplätze ist groß“, sagte er. Mit der Firma BMW nebenan habe man bereits Gespräche geführt, das Unternehmen sei offen für die Graffiti-Wand.

Bezirksbeirat unterstützt Jugendliche mit 1300 Euro

„Ich fahre oft durch diese Unterführung und bin gespannt, was dort entstehen wird“, sagte Sigrid Beckmann (SPD). Die Bedenken der Bezirksbeiräte, das Sprayen könnte ausufern oder leere Dosen einfach auf den Boden geworfen werden, hielten sich in Grenzen. Die Hegel-Schüler besänftigten zusätzlich: „Wenn es einen Mülleimer gibt, wieso sollte ich die Spraydose dann auf den Boden werfen?“

Auch auf Anja Suffner-Roosens (CDU) Sorge, die gesprühten Motive könnten nicht jedem gefallen, hatten die Jugendlichen eine Antwort: „Kein Graffiti bleibt für immer. Die einzelnen Motive werden immer wieder übersprüht. Und wie man in der Hall of Fame sieht, setzen sich die guten Bilder durch“, sagte Nicolas Oesterle.

Der Bezirksbeirat unterstützte die Idee der Jugendlichen einstimmig. Wann genau in der Unterführung gesprüht werden darf, ist noch nicht klar. Zunächst müssen die Schilder und Markierungen angebracht werden, die auf die legale Graffiti-Fläche hinweisen und das Parken untersagen. „Aber sobald das umgesetzt ist, können die Jugendlichen loslegen“, sagte Hauck und nannte die Monate Mai/Juni als wahrscheinlichen Zeitpunkt. Zudem bewilligte das Gremium, ebenfalls einstimmig, den Jugendlichen 1300 Euro aus dem Kulturetat. Das entspricht in etwa der Summe, die die Abfallbeseitigung in einem Zeitraum von einem halben Jahr kosten wird. Läuft das Projekt gut, könnte die Stadt ab 2018 die Kosten übernehmen.