Die Bahn will künftig mit Drohnen gegen Graffiti-Sprayer vorgehen. Offenbar hat es bereits erste Testflüge gegeben. Viele rechtliche Fragen sind aber noch ungeklärt – und es gibt Zweifel an der Drohnen-Strategie.

Stuttgart - Im Mai hat die Deutsche Bahn angekündigt, sogenannte „Mini-Helikopter“ zur „Bekämpfung von Graffiti und Vandalismus“ einsetzen zu wollen. Offenbar gab es inzwischen erste Testflüge solcher Bahn-Drohnen. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung wurden die Flugeigenschaften der Geräte im Raum Hamburg getestet. Kameras sollen dabei allerdings noch nicht zum Einsatz gekommen sein, hieß es aus informierten Kreisen.

 

Damit wäre die Deutsche Bahn einen weiteren Schritt in Richtung Überwachung von Bahngelände durch Drohnen gegangen. Eine Pressesprecherin der Deutschen Bahn sagte auf Anfrage, sie wisse nichts von Testflügen im Raum Hamburg.

Widersprüchliche Angaben

Zunächst hatte ein Sprecher des Konzerns auf Anfrage erklärt, Drohnenflüge fänden bereits regelmäßig statt und seien Bestandteil der „Überwachungsstrategie, insbesondere gegen die Graffititäter“. Später wurde diese Aussage zurückgenommen, auch einen Testflug ohne Kameras habe es nicht gegeben. Die Testphase mit „Mini-Helikoptern“, wie die Deutsche Bahn die Drohnen nennt, starte in den „kommenden Wochen“, verlautete aus der Bahn-Pressestelle. Dabei solle sowohl der „technische Mehrwert bei der Verfolgung von Sprayern als auch die Konformität mit datenschutzrechtlichen Anforderungen“ bewertet werden.

Genauere Angaben zu Ort, einem konkreten Datum oder den eingesetzten Fluggeräten wollte die Bahnsprecherin nicht machen. Schon bei der Ankündigung der Überwachungsmaßnahmen durch die Bahn im Mai hieß es, die Tests würden in den „kommenden Wochen“ beginnen.

Experten sehen Drohnen kritisch

Dabei sind noch einige Fragen ungeklärt – etwa die, ob der Drohneneinsatz im Kampf der Bahn gegen Graffiti sinnvoll ist. Elmar Giemulla, ein Experte für Luft- und Verkehrsrecht, beantwortet diese Frage mit Nein. Drohnen dürften nur in Sichtweite des Piloten gesteuert werden und wären damit auch sichtbar für Graffiti-Sprüher. Nachts müssten die Fluggeräte darüber hinaus beleuchtet sein. Erst dann sei der Einsatz rechtlich nicht zu beanstanden. „Ob der Einsatzzweck noch erfüllt werden kann, wenn alle 50 Meter ein Pilot sitzt, der den Sichtkontakt übernehmen kann, weiß ich nicht“, sagt Giemulla.

Der Rechtsanwalt Patrick Gau, der sich auf Graffiti-Straftaten spezialisiert hat, hält eine spezielle Lackierung der Bahnen für sinnvoller als den Drohneneinsatz. Von Lacken mit Lotuseffekt ließen sich Graffiti leichter entfernen. Sie würden an verschiedenen Standorten auch schon von der Deutschen Bahn eingesetzt, so Gau.

Schäden – und Gegenmaßnahmen

Insgesamt beziffert die Bahn die jährlichen Kosten wegen Sachbeschädigung auf 50 Millionen Euro. Darunter fallen etwa beschädigte Sitze und zerkratzte Scheiben. Die Graffiti, gegen die sich die Überwachungsmaßnahme richtet, verursachten laut Bahn einen Schaden von 7,6 Millionen Euro. In den 14.300 Graffiti-Vorfällen, die die Bahn 2011 gezählt hat, sind nicht nur Graffiti an Zügen enthalten. Gezählt werden etwa auch Brückenpfeiler und Lärmschutzwände.

Eine Drohne, wie die Bahn sie derzeit plant, soll rund 60.000 Euro kosten. Dazu kämen die Kosten für das Einsatzteam. Dieses besteht aus einem Drohnenpiloten und einem Operator, der die Livebilder der Wärmebildkamera sichtet. Diese Drohnen können nach Bahnangaben etwa 80 Minuten in der Luft sein und mit 54 Stundenkilometern in 150 Metern Höhe geräuschlos fliegen.

Genauere Angaben zum Hersteller oder Drohnentypus machte der Konzern nicht. Sie werden durch einen Piloten vom Boden aus gesteuert und haben dann einen Radius von 500 Metern. Per Autopilot betrage die Reichweite sogar 40 Kilometer. Die Drohnen sollen gerichtsfeste Aufnahmen von Graffiti-Sprayern liefern. Illegale Graffiti zu sprühen, gilt in Deutschland als Straftatbestand.

Stuttgart hat einen anderen Weg eingeschlagen

Auch Edgar Hemmerich, Geschäftsführer des Fördervereins „Sicheres und sauberes Stuttgart“, hält es für ein „Stück weit übertrieben, derlei Dinge, die im militärischen Bereich Anwendung finden, hier gegen Graffiti einzusetzen“. Stuttgart habe mit seiner Kombination von Prävention und Strafverfolgung sowie ausgewiesenen legalen Sprühflächen einen guten Weg eingeschlagen.

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