Den Vergleich mit Wanda müssen Granada leider aushalten. Doch der überragende Tourabschluss im Keller Klub am Sonntag zeigt, dass es Neo-Austropop auch in gut gelaunt gibt. Vielleicht, weil diese Band ausnahmsweise nicht aus Wien stammt?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Dass die österreichischen Bands Bilderbuch und Wanda sich in etwa so zueinander verhalten wie die Wiener Innere Stadt und die einst mit dem Glacis auf Distanz gehaltenen Vorstädte, hat sich inzwischen auch in Deutschland herumgesprochen. Wenn man, bildlich gesprochen, sich von Bilderbuch entfernt und vom Ring stadtauswärts, an Wanda vorbei und noch ein bisschen weitergeht, landet man irgendwann in Ottakring - und bei der Band Granada.

 

Die besingt den 16. Bezirk, "wo das Bitter so viel süßer schmeckt als irgendwo in Wien", mit einem sonnigen Mix aus Offbeat, Akkordeon und Mundart. Dieser Song und das musikalisch verwandte "Eh ok" waren die beiden Visitenkarten, die die Band vor ihrem Stuttgart-Konzert am Sonntagabend abgegeben hatte. (Und eine Auftragsarbeit für den Film "Planet Ottakring", die der Komponist Thomas Petritsch dann zum Bandprojekt Granada ausbaute.)

Von einer kleinen Festivaltour im Sommer abgesehen, war von Granada im Schwäbischen noch nicht viel zu sehen. Und jetzt verkauft das Quintett den Keller Klub aus dem Stand heraus aus. Was ist passiert?

Vermutung: im Fahrwasser von Wanda haben es österreichische Bands derzeit etwas leichter, um zum deutschen Publikum und damit dem wesentlich attraktiveren, weil größeren Markt durchzudringen. Dialekt zu singen, dürfte während der Tour an Orten wie Hamburg oder Berlin für einige Verständnisschwierigkeiten gesorgt haben. Auch dass die Band ihr Freiburger Publikum freimütig im Schwäbischen verortete, ist eine der vielen, manchmal unterschätzten deutsch-österreichischen Komplexitäten. Doch solches "Lost in Translation" ist schnell abgehakt, weil österreichische Musiker oft das haben, was ihren deutschen Pendants fehlt: Schmäh.

Das Leben, eines der besten

Bei Granada kommt eine enorm positive Grundhaltung hinzu. Tod und Zerfall mögen andere besingen, auch das kann man als Österreicher ja recht glaubwürdig. Granada treten in Stuttgart dafür ein, auch mal zufrieden zu sein. Sich zu freuen am Leben, das in Österreich wie auch in Deutschland weltweit gesehen weiterhin eines der besten ist. Und sie verwenden schöne Bilder, etwa das von der "Taube im Glas", die metaphorisch für eine Liebe steht, die man vielleicht erfolglos versucht festzuhalten. Das ist nicht dreimal (sondern nur einmal) ums Eck gedacht, aber immer noch viel besser als stumpfe Schlagertexte, also eh ok.

Vielleicht liegt das daran, dass diese Band ausnahmsweise mal nicht aus Wien stammt, sondern aus Graz. Vielleicht sind die Musiker von Granada auch einfach ganz andere Typen als die hierzulande bereits erfolgreich eingeführten Wanda und Konsorten. Ein bisschen klingt das Konzert trotzdem, als täte sich Der Nino aus Wien mit Francesco Wilking und Moritz Krämer von Die Höchste Eisenbahn zusammen, um "Meine beiden Schwestern" zu covern.

Am Sonntagabend gesellt sich zu dem gut gelaunten Vortrag die Euphorie, zum Tourabschluss vor ausverkauftem Haus zu spielen. Das Stuttgarter Publikum nimmt die Musik auch offenherzig an und ist für jeden Quatsch zu haben. Es hält sich sogar am Smartphone einigermaßen zurück, als der Sänger Thomas Petritsch und der Akkordeonist Alexander Christof im Zugabenblock einen Song in der Mitte des Zuschauerraums spielen.

Granada machen bei ihrem abwechslungsreichen Konzert hier einen Ausflug Richtung Indie oder Garage Rock, klingen da dank Akkordeon auch mal nach Balkan. Die Mischung funktioniert, und es dürfte kaum jemand geben, der beim nächsten Mal nicht dabei sein möchte.


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