Die Orsons, Stuttgarts selbsternannte Hip-Hop-Boygroup, hat ein spontanes Konzert gegeben - umsonst und draußen.

Stuttgart - Mittwochmorgen, gegen 10:30 Uhr die ersten Meldungen: Die Orsons, Stuttgarts selbsternannte HipHop Boygroup, beim Label Chimperator unter Vertrag, geben um 16:30 Uhr ein spontanes Konzert. Die Nachricht wandert dank Facebook und Co. blitzschnell durchs Netz, kurz darauf wird auch klar, dass der Gig auf einem Dach sein wird: und zwar am Rotebühlplatz, auf dem Deckel des Chimperator Büros.

 

Man muss kein gewiefter Musikkenner sein um den nahe liegenden Vergleich aus dem Poparchiv zu ziehen: Ha, wie die Beatles damals, kurz bevor die Beatles Geschichte wurden. Noch einmal zusammen spielen, einfach so. Weil man Bock hatte.

Vergleiche hinken wie immer, gerade mit den Beatles darf sich sowieso niemand vergleichen, und die Orsons sind erst recht nicht die Beatles, sie sind aber definitiv eine spannende Combo im aktuellen deutschsprachigen HipHop-Geschäft. Außerdem spielen Kaas, Tua, Maeckes und Plan B aller Voraussicht nach auch noch einige Jahre zusammen und lösen sich nicht bald auf wie Beatles. Trotzdem: Die Idee ist großartig, den Fans „für umme“ einen Sommernachmittag zu versüßen und einfach mal Welle zu machen, vielleicht auch ein kleines Dankeschön nach einem großen Tour-Sommer, als Hauptact oder als Support für Grönemeyer. Vielleicht braucht man auch ein paar Szenen für ein neues Video. Gefilmt wurde jedenfalls fleißig, das vorne weg.

Orientierungsloses Herumirren

Ansonsten war es kurz vor 16 Uhr noch sehr ruhig. Vereinzelt sah man orientierungslos junge Damen herumlaufen, die man mehr („Das kann ja nicht so ein hohes Dach sein, oder?“) oder weniger als Orsons-Fans einstufen konnte. Im Büro selbst war reger Betrieb, leichte positive Anspannung, die Band selbst sehr locker, sowieso alle sehr freundlich, der Stab sehr wuselig und DJ Jopez machte sich etwas Sorgen um den Standpunkt seines DJ-Pults. Ansonsten: Die Orsons werden 20 Minuten spielen oder halt bis die Polizei kommt. Die kam bei den Beatles ja auch.

Sechs Stockwerke weiter unten hat sich derweil doch eine kleine Fanposse angesammelt. Sie sitzen brav auf dem breiten Gehsteig, noch mehr junge Mädchen und coole Typen mit Bärten. Nach und nach werden es immer mehr, dazu gesellen sich die ersten Neugierigen, die nicht wissen, was überhaupt los ist. Ja, was ist da los? Da spielt gleich eine Stuttgarter HipHop-Band. Oder: Warum stehst du hier? Ich steh hier weil alle hier stehen. Dazwischen wieder Fanwissen: Oh, da ist der Maeckes, freu, Herzchen, heirate mich!

Nah an der Kante

Dann sind alle Orsons da, gefährlich nah an der Dachkante, Jubel unten, Jubel oben, hupende Busse unten. Dann erst mal nix, bis auf einen Konfettischlag. Die Anlage versagt. Denkt man zumindest unten. Zehn Minuten später versagt sie nicht mehr, der Aussage eines Orsons zufolge haben die Grünen den Spaß für ein paar Minuten bewilligt, man bedankt sich brav bei der Schutzpolizei und schon schallt der Sound ziemlich blechernd in die Schlucht hinunter. Aber das macht nichts, spätestens bei dem Hip-Step-Hybrid „Jump“ springt auch der Rotebühlplatz, zumindest der eine Teil, der andere guckt irritiert durch die Gegend oder freut sich, dass mal was los ist. Kinder jubeln, Eltern klatschen, die Fans sind sowieso verliebt.

Den Blick des Tages zieht der Fahrer eines Paketdienstes, der ungläubig im Vorbeifahren versucht, mit den Massen nach oben zu schauen. Priceless, wie man im Internet sagt. Und priceless Aktion, könnte man wiederholen. Vielleicht nur beim nächsten Mal ohne Internetpromo. Weil Facebook hatten die Beatles erwiesenermaßen nicht. Dann käme man dem Vergleich ein kleines Stückchen näher.