Die Fotoagentur Getty stellt plötzlich einen großen Teil ihres riesigen Bilderarchivs im Netz zur kostenlosen Verfügung. Blogger und kleine Nachrichtenportale kann es freuen, doch es steckt ein klares Profit-Kalkül hinter dieser Strategie.

Stuttgart - Die bekannte Bildagentur Getty Images hat sich entschlossen, einen großen Teil ihres Bildmaterials frei zur Verfügung zu stellen. Und das ist keine Kleinigkeit: Getty besitzt 80 Millionen Archivbilder und will nun 35 Millionen davon zur Gratisnutzung freigeben.

 

Bislang schützte die Agentur ihre Bilder mit Wasserzeichen, die legale Nutzung war von einer Lizenz abhängig. Diese Strategie schien aber im Netz immer weniger aufzugehen. Ein Mitarbeiter der Agentur sagte dem Technikblog The Verge, dass es inzwischen zu einfach geworden sei, Getty-Bilder ohne Lizenz im Internet zu finden und zu nutzen. Die Inhalte der Agentur seien bereits überall.

Freigabe mit Kalkül

Getty macht dem Nutzer aber ein paar Vorgaben: Um Bilder der Agentur online zu verwenden, müssen diese mit einem Code eingebettet werden, den die Agentur vorgibt. Das funktioniert ähnlich wie bei Youtube-Videos oder Tweets, die man ebenfalls leicht in Blogs oder auf Webseiten einbinden kann. Dem Bild wird dann automatisch Getty als Quelle beigefügt. Ein Klick auf das Foto leitet auf die Homepage der Bildagentur weiter.

Diese Strategie kann sich für die Agentur durchaus lohnen:Das Unternehmen kann über das eingebettete Bild Werbung platzieren und über so genannte Tracking-Codes Nutzerinformationen sammeln. Und: Einmal auf die Homepage weitergeleitet, kaufen die Nutzer dort vielleicht das eine oder andere Foto, so das Kalkül. Die Rechnung der Agentur ist einfach: Kann schon nicht verhindert werden, dass die Bilder sich im Netz verbreiten, will Getty dies auf legale und profitable Bahnen lenken.

Nicht nur Jubel unter Bloggern

Auch kleine Online-Magazine und Blogger, die sich bislang keine Lizenz leisten konnten oder wollten, sollen von der Neuregelung profitieren. Doch nicht alle bejubeln Gettys neue Strategie. Die Stuttgarter Blogger Johannes Eich und Pierre Starkloff merken etwa an: „Wer auf Tracking-Codes, Share-Buttons und löschbare Fotografien verzichten möchte, investiert lieber in bezahlte Bildrechte.“ Die Preise bewegten sich noch immer in einem fairen Rahmen.

Ein Problem mit den Gratis-Bildern: Getty behält sich vor, Bilder nach alleinigem Ermessen und ohne Vorankündigung aus der freien Nutzung auszuschließen. Statt der eingebetteten Bilder würden dann leere Felder auf Blogs und Webseiten prangen. Laut den Nutzungsbedingungen von Getty dürfen die Bilder außerdem nur zu „redaktionellen“ Zwecken, also „im Zusammenhang mit Ereignissen, die berichtenswert und von öffentlichem Interesse sind“, verwendet werden. Eine schwammige Definition, findet Blogger Johannes Eich.

Getty schließt seinen Feind in die Arme

Insgesamt betrachtet er Gettys neue Strategie aber als Schritt in die richtige Richtung, da er mehr Rechtssicherheit schaffe. Erst im Februar wurden Nutzer kostenloser Bilder durch ein Urteil des Landgerichts Köln verunsichert, dass der Name des Fotografen ins Bild eingefügt werden muss. Viele Blogger und Webseitenbetreiber fürchten eine neue Abmahnwelle. Getty geht jetzt in eine ganz andere Richtung: Anstatt ein Heer von Anwälten auf illegale Nutzer anzusetzen, schließt die Agentur ihren Feind in die Arme.