Das Internationale Seegericht tagt über festgesetzte Greenpeace-Aktivisten, die nach einer Aktion in der Arktis in russischer Haft sitzen. Doch die russische Förderation bleibt der Verhandlung fern.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Bis zum 22. November haben alle Beteiligten Zeit, doch irgendwie eine gesichtswahrende Lösung zu finden. Dann will der Internationale Seegerichtshof in Hamburg eine Entscheidung in dem Schiedsverfahren „Königreich der Niederlande gegen Russische Föderation“ treffen. Besser bekannt ist die Angelegenheit freilich unter dem Schlagwort „Russland gegen Greenpeace“. Die russische Küstenwache hatte die unter niederländischer Flagge fahrende Arctic Sunrise am 19. September nach einer Greenpeace-Protestaktion in der Barentssee geentert. Die 30 Besatzungsmitglieder sitzen seitdem in Haft. Ihnen soll wegen Rowdytums der Prozess gemacht werden.

 

Weltweite Aufmerksamkeit

In der Geschichte des 1996 etablierten Gerichts ist dies erst der 22. Fall – und der spektakulärste. Als der Gerichtshof im vergangenen Jahr den Verlauf der Seegrenzen zwischen Myanmar und Bangladesch im Golf von Bengalen festgelegt hatte, war das öffentliche Interesse jedenfalls vergleichsweise bescheiden. Am Mittwoch mussten sich die 21 Richter unter der Präsidentschaft des Japaners Shunji Yanai nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Das liegt zu einem guten Stück daran, dass Russland im Vorfeld angekündigt hatte, die Entscheidung der Richter nicht zu akzeptieren, und der Veranstaltung fernblieb. Wladimir Golitsyn war so der einzige Russe im Gerichtssaal – allerdings auf der Richterbank.

Russland schert sich nicht um den Schiedsspruch

Die Juristen überprüfen die Angelegenheit auf Grundlage des UN-Seerechtsübereinkommens, einer Art Verfassung der Meere. Dem sind mehr als 160 Länder beigetreten – auch Russland. Dass Moskau ankündigt, sich nicht weiter um einen Spruch des Gerichts zu scheren, ist für die gesamte Institution von Bedeutung. Zwar ist nach Meinung zahlreicher Völkerrechtler ein Schiedsspruch auch für Putin bindend – eine Internationale Seerechtspolizei, der die Möglichkeit gegeben wäre, den Willen der Richter zu vollstrecken, gibt es jedoch nicht.

Bis zum 22. November werden alle 21 Richter die Argumente wägen, die von der niederländischen Vertreterin vor ihnen ausgebreitet wurden. Wie das Ergebnis der Beratungen aussieht, weiß heute natürlich noch keiner. Dass das Gericht seine Unzuständigkeit erklärt, ist zumindest theoretisch möglich.