Das Halbfinale im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund bedeutet für den Zweitligisten Greuther Fürth das Spiel des Jahres, wichtiger aber ist die Bundesliga.

Fürth - An normalen Trainingstagen geht es fast schon idyllisch ruhig auf den Übungsplätzen der SpVgg Greuther Fürth zu. Vier, höchstens fünf Rentner stehen auf den Steinstufen hinter der nach einem Süßwarenhersteller benannten Arena, die in Wahrheit ein mühevoll zusammengeschustertes Stadion mit einem altertümlichen Charakter ist. Wenn der Trainer Mike Büskens seine Kommandos ruft, sind sie noch auf den Balkonen der angrenzenden Wohnhäuser zu vernehmen.

 

Viel Trubel herrscht gemeinhin nicht am altehrwürdigen Ronhof, der in der Vorkriegszeit zu den stilprägendsten Fußball-Standorten Deutschlands zählte. Doch nun gilt der Vorzeigecharakter wieder: Wegen des DFB-Pokal-Halbfinals zwischen Greuther Fürth und Borussia Dortmund am Dienstag (20.30 Uhr/ZDF) rückt der mittelfränkische Ausbildungsbetrieb derart in den Fokus, dass Büskens am Montag nicht in trauter Runde seinen 44. Geburtstag feiern konnte, sondern in größerer Versammlung einzuschätzen hatte, wie der unverbrauchte Tabellenführer der zweiten Liga denn den Vergleich gegen den unerschrockenen Bundesliga-Spitzenreiter angehe.

Das kleine Trauma scheint überwunden

„Wenn man die Gelegenheit hat, will man alles gewinnen“, sagt er. Gierig seien die Seinen auf alle Fälle. Es gelte, die Gunst der Stunde zu nutzen. Schließlich ist da ein unterschätzter Zweitliga-Dauerbrenner zum selbstbewussten Erstliga-Kandidaten gereift. Einerseits hat der Club so kontinuierlich fünfte Ränge (siebenmal seit 2000) und vierte Plätze (zuletzt in der Vorsaison) belegt, dass selbst Büskens beim Fürther Fußballfan ein „kleines Trauma“ erkannt haben will. Andererseits erzählt der Präsident Helmut Hack nicht ohne Stolz, dass solides Wirtschaften und sportliche Erfolge sich nicht mehr ausschließen – als „Unaufsteigbar-Tour 2011/12“ startete Fürth mit selbstironischem Unterton in eine Saison, die bisher alle Erwartungen übertraf.

Hack spricht von den schönsten Tagen seiner langen Amtszeit: der 62-jährige Unternehmer trieb 1996 voran, dass sich die finanziell darbende Spielvereinigung und der prosperierenden Emporkömmling TSV Vestenbergsgreuth vereinigten, um sich in der Zweitklassigkeit zu behaupten. Und das bitte schulden- und skandalfrei. Der Nachteil: gut ausgebildete Profis machten stets den Abflug, wenn irgendwer eine ordentliche Ablöse zahlte.

Ein Menschenkenner als Trainer

Das aktuelle Aufgebot vereint besondere Werte. Hack spricht vom talentiertesten, spiel- und willensstärksten Kader der jüngeren Vergangenheit, und der Trainer erhält dafür ein präsidiales Sonderlob. „Mike Büskens erreicht die Menschen mit seiner authentischen Art. Die Spieler gehen für ihn durchs Feuer.“ Genau wie Jürgen Klopp ist da ein Menschenkenner am Werk, der alle Spieler auf seinem Weg mitnimmt. Hack erinnert lediglich daran, was Pflicht und Kür für die „Kleeblätter“ darstellt: „Im Pokal haben wir schon alles erreicht, hundertmal wichtiger ist der Aufstieg. Das ist der Traum, den wir alle haben.“

An die verträumte 115 000-Einwohner-Stadt, deren Viertel beinahe fließend ins größere Nürnberg übergehen, hat sich Büskens erst allmählich gewöhnt. Anfangs strich der 2009 von Felix Magath auf Schalke aussortierte Trainer in seinem Hotelzimmer mit einem grünen Filzstift jeden Tag durch, der hinter ihm lag. Und weil seine Familie immer noch in Gelsenkirchen lebt, ziert sich der gebürtige Düsseldorfer auch mit einer Vertragsverlängerung.

Büskens lobt die „Vollraketen“

Seine Standardantwort: „Ich versuche einen guten Job zu machen, dann ergibt sich alles andere von selbst.“ Wenn Fürth nicht aufsteigt, droht der Club neben Leistungsträgern auch den Trainer zu verlieren, unter dem Talente wie Edgar Prib, Sercan Sararer, Stephan Schröck oder Christopher Nöthe an Qualität gewonnen haben, Neuzugang Olivier Occean (15 Saisontreffer) zum Topstürmer aufstieg und das Winterschnäppchen Gerald Asamoah sich so gut eingefügt hat, als sei der Deutsche Meister von 1914, 1926 und 1929 seine persönliche Endstation Sehnsucht.

Dieser Tage ist der aus seiner Schalker Vergangenheit gegen Dortmund besonders motivierte Büskens zuvorderst damit beschäftigt, überbordende Erwartungen für die Pokalpartie zu dämpfen. Immerhin sei der Meister zu Gast. „Die haben fußballerische Vollraketen im Kader, da kostet ein Spieler mehr als bei uns das ganze Team. Plus Stadion.“ Selbst in dieser Hinsicht soll sich jedoch einiges tun: 2015 will der Verein in eine neu zu errichtende Arena mit 20 000 Plätzen im Fürther Süden ziehen.