Die Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras beschäftigt sich viel mit Geschichte – und zu wenig mit der Zukunft Griechenlands, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Im Streit über deutsche Reparationszahlungen für Schäden aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs hat der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas die Forderungen seines Landes auf 278,7 Milliarden Euro beziffert. Diese Zahl birgt wenig Neues. Sie liegt im Bereich dessen, was bereits zuvor eine Studie von Finanzministerium und Zentralbank als Rahmen möglicher Ansprüche an Berlin genannt hatte. Bemerkenswert ist allerdings, mit welcher Ausdauer die neue Regierung und die sie tragende Parlamentsmehrheit in Athen das Thema Reparationen immer wieder auf die politische Agenda setzen – wohl wissend, dass sie damit in Berlin wenig Widerhall finden werden und die Bereitschaft der Deutschen nicht gerade befördern, ihnen in der akuten Finanzkrise entgegenzukommen.

 

Auch der gerade eingesetzte Untersuchungsausschuss, der die Verursacher dieser Finanzkrise benennen soll, dient dem Versuch, Schuld und Verantwortlichkeiten bei anderen zu verorten. Eigentlich ein nachvollziehbares Motiv. Überhaupt: wer sollte etwas gegen historische Aufarbeitung haben? Allerdings wäre zu wünschen, dass sich die neuen Mächtigen in Athen mit mindestens gleich viel Energie für die Reformen einsetzen würden, mit denen sie ihr Land wieder auf Vordermann bringen könnten. Bis jetzt tun sie das nicht.