Griechenlands Premier Alexis Tsipras scheint nun doch bereit zu sein, auf einen Großteil der Forderungen der Geldgeber einzugehen. In Brüssel und Berlin reagiert man äußerst zurückhaltend.

Berlin - Die Rate an den Internationalen Währungsfonds ist nicht bezahlt, das Hilfspaket der Geldgeber aufgezehrt - trotzdem suchen Athen, Brüssel und Berlin weiter nach einer Lösung im Schuldendrama. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras schrieb einen neuen Brief an die Geldgeber, darin zeigt er sich bereit, die vorrangigen Bedingungen der Gläubiger grundsätzlich zu erfüllen. Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist das aber noch keine Grundlage für eine Lösung der Krise.

 

„Der hat auch nicht mehr Klarheit geschafft“, sagte Schäuble mit Blick auf den jüngsten Brief. Die Ankündigungen aus Athen reichten für „seriöse Maßnahmen“ nicht aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm vor dem für Sonntag geplanten Referendum eine Absage.

Tsipras bittet um 29 Milliarden aus ESM

Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Sparzusagen. „Wir sind in einer neuen Lage“, sagte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel mit Blick auf das ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen. Die wirtschaftliche Situation Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert. Es werde jetzt nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus hatte Tsipras am Dienstagabend einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert.

Dombrovskis sagte weiter, ein neues Hilfsprogramm könnte noch vor dem 20. Juli abgeschlossen werden. „Es gibt sicherlich die Möglichkeit, zu einer Abmachung zu kommen, bevor höhere (Rück-)Zahlungen fällig sind.“ Das setze jedoch die Bereitschaft der Geldgeber und Athens voraus, tatsächlich eine Vereinbarung anzustreben.

Die aktuellsten griechischen Vorschläge könnten in Verhandlungen für das neue Rettungsprogramm eingebracht werden. „Wir sind bereit, zu verhandeln und zu einer Lösung kommen“, sagte der für den Euro verantwortliche Kommissar. „Dazu müssen sich beide Seiten konstruktiv verhalten.“ Die Kommission prüfe die jüngsten Zusagen und werde der Eurogruppe eine erste Einschätzung geben. Die Finanzminister der Eurostaaten wollen am späten Nachmittag in einer Telefonkonferenz über die Lage beraten.

Merkel will Referendum abwarten

Merkel machte deutlich, dass es vor dem geplanten Referendum von deutscher Seite keine neuen Verhandlungen geben werde. „Die Tür für Verhandlungen war immer offen und bleibt immer offen“, betonte Merkel zwar in einer Bundestagsdebatte über die Lage in Griechenland in Berlin. Die schwarz-rote Bundesregierung habe sich aber darauf verständigt, das Referendum abzuwarten. „Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm verhandelt werden.“

Wegen der dramatischen Zuspitzung der Lage bleiben Banken und Börse in Griechenland bis Anfang kommender Woche geschlossen. In den vergangenen Tagen hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht. An Geldautomaten dürfen Griechen seit Montag maximal 60 Euro pro Tag abheben, für ausländische Bankkarten soll die Beschränkung aber nicht gelten.

Chaotische Zustände vor den Banken

Am Mittwoch öffneten Geldinstitute im ganzen Land für Rentner. Die Banken hatten diese Ausnahme ermöglicht, da viele Pensionäre keine EC- oder Kreditkarten haben und somit in den vergangenen Tagen an den Automaten kein Bargeld abheben konnten. Weil die Banken allerdings kurzfristig angekündigt hatten, Rentner in alphabetischer Reihenfolge zu bedienen, kam es zwischenzeitlich zu Tumulten, wie griechische Medien berichteten.

Tsipras hatte am Wochenende überraschend eine Volksabstimmung über die Reformvorschläge der Gläubiger Griechenlands angekündigt und die Europartner so vor den Kopf gestoßen. Daraufhin scheiterten am Samstag die Verhandlungen der Euro-Finanzminister mit Athen.