Unter seinen Kollegen im Anzug gab Gianis Varoufakis den lässigen Ökonomiestar. Doch mit seiner Rebellenrolle hat er sich ins Abseits manövriert.

Berlin - Gianis Varoufakis ist immer gut für einen filmreifen Auftritt. Wo sich seine Kollegen der Eurozone hinter Zahlen und Details verschanzten, schlug er rhetorisch schon einmal mit der Faust auf den Tisch. Noch am Wochenende verglich er sie mit Terroristen. Wenige Stunden später trat er am Montag überraschend zurück - trotz seines auch persönlichen Erfolgs bei der Volksabstimmung über die Reformforderungen der Gläubiger, die die Griechen mehrheitlich ablehnten.

 

Der 54-jährige Ökonomieprofessor weiß sich in Szene zu setzen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Finanzminister schmiss er eine Reihe hoch bezahlter Berater hinaus und kündigte an, die wegen Sparmaßnahmen entlassenen Putzfrauen seines Ministeriums wieder anzustellen. Auf einem anderen Blatt steht, dass die Putzfrauen noch Wochen später vor Varoufakis’ Ministerium für die Umsetzung seines Versprechens demonstrieren mussten.

In einer Pressekonferenz mit seinem niederländischen Kollegen Jeroen Dijsselbloem sagte er über die Gläubiger von Internationalem Währungsfonds, EU und Europäischer Zentralbank: „Wir haben nicht vor, mit diesem fadenscheinigen Konstrukt zusammenzuarbeiten.“. Dem Eurgruppenchef entglitten die Gesichtszüge. „Sie haben gerade die Troika getötet“, flüsterte er. Varoufakis grinste - den Rauswurf eben dieser Troika hatte seine Syriza-Partei im Wahlkampf angekündigt.

Varoufakis forderte Erleichterung der Schuldenlast

Gleichzeitig beteuerte Varoufakis, natürlich werde er mit seinen Partnern zusammenarbeiten. Allerdings bestanden diese auf Programmen, die Varoufakis ablehnte. Und so musste der Minister, der der Troika die Tür gewiesen hatte, praktisch seine gesamte Amtszeit mit eben jener jetzt Institutionen genannten Gruppe über Finanzprogramme verhandeln, die er entschieden ablehnte.

Schon bevor er Minister wurde, hatte sich der leidenschaftliche Motorradfahrer in Büchern und in seinem Blog mit der von den Griechenlands Gläubigern durchgesetzten Sparpolitik auseinandergesetzt. Er diagnostizierte, dass Griechenland seine Schuldenlast wirtschaftlich nicht tragen könne. Die als Gegenleistung für Kredite geforderten Sparmaßnahmen würden das Land vollends erdrücken, sie seien „finanzielles Waterboarding“. Varoufakis forderte stattdessen eine Erleichterung der Schuldenlast und Investitionen.

Auch als Minister bloggte Varoufakis weiter und erntete auch von Experten viel Zustimmung. Doch unter seinen Ministerkollegen in der Euro-Gruppe blieb er weitgehend isoliert. Seine länglichen Vorträge sorgten ebenso für enerviertes Augenrollen wie seine ständigen Ankündigungen, eine Einigung sei so gut wie erreicht. Die Minister der Eurogruppe reagierten befremdet auf Varoufakis’ freimütiges Eingeständnis, die von seinem Ministerium beaufsichtigten Steuerbehörden seien nicht in der Lage, die Mehrwertsteuer ordnungsgemäß einzutreiben.

Am Ende hat Varoufakis wohl selbst eingesehen, dass er spätestens nach seinem Terrorismusvorwurf als Gesprächspartner disqualifiziert ist. Kritik lässt er gleichwohl nicht gelten: „Ich sollte die Abscheu der Gläubiger mit Stolz tragen“, schrieb er zu seiner Rücktrittsankündigung.