Die deutsche Wirtschaft leidet vorerst nicht unter dem griechischen Zahlungsstopp – und hofft, dass die griechische Bevölkerung sich beim Referendum für den Euro entscheidet.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Für eine moderne Volkswirtschaft ist es ein Offenbarungseid: Die Schließung der griechischen Banken für mindestens eine Woche bestätigt alle Befürchtungen über den Zustand der hellenischen Kreditwirtschaft. Ohne Aufstockung der am Sonntag von der Europäischen Zentralbank (EZB) gedeckelten Notkredite kann sie offenkundig nicht auskommen. Denn schon in den vergangenen Monaten zogen die Bankkunden mehr als 30 Milliarden Euro von ihren Konten ab. Einen weiteren Aderlass würden die Kreditinstitute aus eigener Kraft nicht überleben.

 

Zwar ist der Zahlungsverkehr in Griechenland mit der Schließung der Banken nicht vollständig zum Erliegen gekommen: Überweisungen und Kartenzahlungen im Inland laufen weiter, auch Bargeldabhebungen von bis zu 60 Euro pro Tag bleiben möglich. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters erwägt die Regierung außerdem, für die Auszahlung von Pensionen am Donnerstag mehrere Hundert Bankfilialen kurzzeitig zu öffnen. Doch alle Geldtransfers ins Ausland sind gestoppt. Neben den Banken schlossen am Montag auch die Filialen des Zahlungsdienstleisters Western Union ihre Türen. Ausnahmegenehmigungen sind lediglich für Transaktionen denkbar, die dem öffentlichen Interesse dienen – beispielsweise die Bezahlung von Medikamentenlieferungen aus dem Ausland.

Im Moment heißt es: „Da brennt nichts an“

Für deutsche Unternehmen, die Geschäfte in Griechenland machen, sind die Kapitalverkehrskontrollen nach Einschätzung des Bundesverbands für Groß- und Außenhandel (BGA) vorerst kein Problem. „Dass die Griechen keine Rechnungen bezahlen können, ist nichts Neues. Deshalb hat auch keiner gegen Rechnung dorthin geliefert, sondern nur gegen Vorkasse“, sagte BGA-Präsident Anton Börner der Stuttgarter Zeitung. Insofern sei nicht zu befürchten, dass hiesige Unternehmen auf unbezahlten Forderungen sitzen blieben: „Da brennt nichts an.“

Börner setzt darauf, dass die griechische Bevölkerung bei dem für Sonntag angekündigten Referendum „mit großer Mehrheit für einen Verbleib in der Eurozone stimmen wird“. In dem Fall wäre der Weg für eine Einigung auf das jüngste Angebot der Europartner frei – Griechenland bekäme also neue Finanzhilfen gegen die Zusage von Reformen. Damit könnte auch im Bankensystem wieder Normalität einkehren.

Sorge vor der Zukunft

Doch wie schnell das geht, ist keineswegs sicher. Der Analyst Stefan Mitropoulos von der hessisch-thüringischen Landesbank Helaba weist darauf hin, dass ein „Ja“ der Bevölkerung zu den Bedingungen der Gläubiger wohl einen Regierungswechsel zur Folge hätte. Schließlich wirbt Ministerpräsident Alexis Tsipras für ein „Nein“. Träte er bei einer Abstimmungsniederlage zurück, so hätten die Europartner in Athen zunächst keinen entscheidungsfähigen Ansprechpartner mehr. Ob die Europäische Zentralbank (EZB) in einem solchen Fall die umstrittenen Notkredite für die griechischen Banken wieder erhöhen und damit den Weg für eine Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen wieder frei machen würde, ist keineswegs sicher.

Eine Verlängerung der Zahlungssperre könnte die Geschäftsbeziehungen deutscher Unternehmen zu Griechenland durchaus belasten. Weitaus schlimmer aber wären die Folgen für die griechische Wirtschaft: „Ein normales wirtschaftliches Leben ist kaum möglich in dieser Phase der absoluten Unsicherheit“, kommentierte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. Die politische Elite in Griechenland müsse „die Tür in Richtung Europa wieder öffnen“.