Einige Minister in der griechischen Regierung wollen eine Verständigung mit den Geldgebern und die Absage des Referendums, das für kommenden Sonntag angesetzt ist.

Athen - Vier Tage vor der geplanten Volksabstimmung über die Spar- und Reformvorschläge der Geldgeber hat Ministerpräsident Alexis Tsipras bekräftigt: Der Urnengang findet statt. Tsipras dementierte damit Berichte, die Regierung werde das Referendum in letzter Minute absetzen. In einer TV-Ansprache an die Nation warb Tsipras am Mittwochnachmittag für ein Nein und erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen die Partner und Geldgeber des Landes: Als Reaktion auf die Ankündigung der Volksabstimmung hätten die Gläubiger die Schließung der griechischen Banken erzwungen. „Nachdem sie uns nicht erpressen konnten, versuchen sie nun jeden einzelnen Bürger zu erpressen“, sagte Tsipras.

 

In der griechischen Regierung wachsen allerdings die Meinungsverschiedenheiten, welchen Kurs Athen gegenüber den Gläubigern steuern soll. In einem Brief, den Tsipras am Dienstagabend an EU-Kommission, EZB und IWF richtete, bietet die griechische Seite zwar eine Reihe von Reformschritten und Einsparungen an, um den Weg für die Auszahlung neuer Hilfskredite zu ebnen. Nach Einschätzung von EU-Experten in Brüssel bleiben die Vorschläge von Tsipras aber erneut hinter den Erwartungen der Geldgeber zurück.

Das Referendum wird zum Problem für die Regierung

Angesichts der sich ständig zuspitzenden Lage im Land gibt es innerhalb der Regierung nun wachsende Differenzen über den weiteren Kurs. Der Vizepräsident des griechischen Parlaments, Alexis Mitropoulos, ein führenden Politiker der Regierungspartei Syriza, richtete einen eindringlichen Appell an Premierminister Tsipras: Er müsse sofort eine Einigung mit den Geldgebern herbeiführen und die geplante Volksabstimmung absagen. Zuvor hatte Vizepremier Giannis Dragasakis in einem Fernsehinterview die Möglichkeit angedeutet, man könne das Referendum absagen. Er dementierte aber hernach, dass er dies so gemeint habe.

Die Volksabstimmung beginnt sich zu einem großen Problem für die Regierung zu entwickeln. Zwar lässt eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage erwarten, dass am Sonntag 46 Prozent der Griechen mit Nein und 37 Prozent mit Ja stimmen wollen. Das entspräche dem Wunsch der Regierung, die für ein Nein plädiert. Ein solcher Ausgang würde aber gewaltige Probleme aufwerfen. Tsipras verspricht sich von einem Nein zwar eine Stärkung seiner Verhandlungsposition. Tatsächlich könnte ein solches Ergebnis aber die Tür zu einer Einigung zuschlagen.

Es gibt Planspiele, Premier Tsipras abzulösen

Erste Konsequenz wäre wohl der Zusammenbruch des griechischen Bankensystems. Dann wären die Guthaben der Griechen wahrscheinlich verloren und die Folgen für die Wirtschaft des Landes unabsehbar. Deswegen bekommen nun auch mehrere prominente Regierungsmitglieder offenbar kalte Füße. Zu ihnen sollen neben Vizepremier Dragasakis auch der als gemäßigt geltende Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis und der für internationale Wirtschaftsbeziehungen zustände Vize-Außenminister Euklid Tsakalotos gehören, Griechenlands Verhandlungskoordinator in den Gesprächen mit den Gläubigern.

Ihnen stehen aber Hardliner wie Finanzminister Gianis Varoufakis und Staatsminister Nikos Pappas gegenüber. Sie plädieren für einen bedingungslosen Konfrontationskurs gegenüber den Geldgebern – in der Erwartung, dass die am Ende klein beigeben werden. Gestützt wird diese Linie auch von Protagonisten des linksextremen Syriza-Flügels.

Tsipras versucht bisher, zwischen beiden Strömungen zu balancieren. Wie lange Tsipras damit durchkommt, ist aber offen. Die gewöhnlich gut informierte Zeitung „To Vima“ berichtete am Mittwoch in ihrer Internetausgabe, es gebe bereits Überlegungen, Tsipras in der Rolle des Regierungschefs durch den als erfahren und besonnen geltenden Dragasakis zu ersetzen. Solche Planspiele würden „innerhalb der Regierung“ und „außerhalb Griechenlands“ angestellt, wo Tsipras inzwischen auf starkes Misstrauen seiner Gesprächspartner stoße.