Die griechische und die türkische Küstenwache sollen gemeinsam in der Ägäis patrouillieren, gegen Schleuser vorgehen und Flüchtlinge in die Türkei zurückbringen – das plant die EU. Bisher jedoch stehen sich die beiden Nationen oft feindselig gegenüber.

Brüssel - Wenn der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an diesem Montag nach langer Zeit wieder nach Brüssel kommt, wird ein Thema im Zentrum stehen: die Flüchtlingskrise. Als Hauptdurchgangsland auf dem Weg in die EU spielt die Türkei eine Schlüsselrolle. Jetzt gibt es in Brüssel offenbar Pläne, dass Ankara und Athen den Flüchtlingsstrom mit vereinten Kräften regulieren sollen, berichtete die „FAS“ unter Berufung auf die EU-Kommission.

 

Nachdem Griechenland mit der Aufgabe, jeden Tag Tausende Flüchtlinge zu registrieren, überfordert ist und die Aufnahmefähigkeit vieler EU-Staaten an ihre Grenzen stößt, sollen die griechische und die türkische Küstenwache gemeinsam in der Ägäis patrouillieren. Sie sollen gegen Schleuser vorgehen und die Flüchtlinge in die Türkei zurückbringen, wo mit Finanzhilfe der EU sechs Flüchtlingslager für bis zu zwei Millionen Menschen entstehen sollen. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex könnte die Patrouillen koordinieren.

Konfrontation statt Kooperation

Bis jetzt ist zwischen den Küstenwachen der beiden Länder aber nicht Kooperation, sondern Konfrontation angesagt. Seit Jahrzehnten streiten sie über die Hoheitszonen in der Ägäis. Hintergrund des Konflikts sind die dort vermuteten Öl- und Gasvorkommen, aber auch Streitigkeiten über die Militärpräsenz auf einigen griechischen Inseln und türkische Gebietsansprüche auf unbewohnte Inseln, die bisher zu Griechenland gehören. 1996 gerieten die beiden „Erbfeinde“ im Konflikt um die Imia-Felseninseln fast in einen Krieg. Der Streit über die Hoheitsrechte führt sogar immer wieder zu riskanten Verfolgungsjagden griechischer und türkischer Kampfpiloten.

Auch eine Bereitschaft der Türkei, Flüchtlinge zurückzunehmen, ist nicht erkennbar. Fast 300 000 Syrer leben bereits in Flüchtlingslagern. Die Regierung ist froh über jeden, der in die EU weiterzieht. Zwar hat sich Ankara 2013 verpflichtet, irreguläre Migranten, die über die Türkei in die EU kommen, zurückzunehmen. Im Gegenzug sagte die EU Visumerleichterungen für türkische Staatsbürger zu. Das Abkommen tritt jedoch erst im Jahr 2017 voll in Kraft und gilt überdies nicht für Flüchtlinge, die einen Asylanspruch haben.