Belächelt, gehasst und geliebt – die schwäbischen Kehrwoche. Der Cannstatter Griechin Athina Giasta ist die Regelung zwar vertraut, aber lästig. Sie findet, die Kehrwoche passt nicht mehr zur sich verändernden Gesellschaft.

Bad Cannstatt - Schwäbischer geht es kaum. Die Kehrwoche ist eine Institution. Und auch wenn sie in Mehrfamilienhäusern in der Landeshauptstadt immer seltener wird, ist sie immer noch eine verbreitete Regelung. Das Schildchen wechselt wöchentlich die Wohnungstür, wer an der Reihe ist, muss das Treppenhaus reinigen, manchmal gehören auch Keller und Dachboden mit dazu. Vor allem Reigschmeckte sind über diese Tradition mehr oder auch weniger amüsiert. Für die Cannstatter Griechin Athina Giasta ist die Kehrwoche relativ vertraut – schließlich hat sie einen großen Teil ihrer Kindheit in Stuttgart zugebracht, in dem Haus, in dem sie damals mit ihren Eltern lebte, war die Kehrwoche fester Bestandteil der Woche. Trotzdem ist sie kein Freund der schwäbischen Sitte: „In dem Drei-Familien-Haus, in dem mein Mann und ich leben, gibt es ebenfalls die Kehrwoche, doch ehrlich gesagt mache ich sie fast nie.“ Werktags und samstags sei sie kaum zuhause, sonnntags dürfe man nicht putzen – und die wenige Freizeit, die einem berufstätigen jungen Menschen heute bleibe, verbringe man eben doch gern anders als mit Kehrwisch und Kutterschaufel. „Wir haben Glück, unsere Vermieterin drückt ein Auge zu, da wir ihr sonst bei anderen Dingen helfen.“ In Griechenland gebe es keine Kehrwoche: „In Athen zahlt jeder einen gewissen Anteil der Nebenkosten dafür, dass eine private Putzhilfe oder eine Firma das Reinigen des Treppenhauses übernimmt.“ In kleinen Häusern zeichne gelegentlich auch der Eigentümer für die Säuberung verantwortlich. Grundsätzlich, glaubt Athina Giasta, sollte dieses Modell auch im Schwabenland Einzug halten: „Die Kehrwoche fällt aus der Zeit. Die Lebens- und Arbeitsrhythmen haben sich verändert und dazu passt das einfach nicht mehr.“

 

Kolumne: Athina Giasta ist in Griechenland geboren und in Deutschland aufgewachsen. Zehn Jahre lang hat die 32-Jährige in Athen gelebt und ist dann nach Deutschland zurückgekehrt. Nun wohnt und arbeitet sie in Bad Cannstatt. Regelmäßig lässt sie die Redaktion an ihrem Leben teilhaben, das in zwei Kulturen spielt.