Nicht die Premierministerin selbst, aber ihre beiden engsten Berater müssen nach dem Verlust der absoluten Mehrheit gehen. Auch im Kabinett der Minderheitsregierung soll es einige Neuerungen geben.

London - Nach der Schlappe bei der Parlamentswahl vom Donnerstag ordnet Premierministerin Theresa May ihre Regierung neu. Ihre beiden Stabschefs Nick Timothy und Fiona Hill reichten am Samstag ihren Rücktritt ein, May arbeitete zudem an einer Reihe von Neubesetzungen in ihrem Kabinett. Die Spitzenposten in der Regierung sollen aber gleich bleiben, auch wenn May nur noch einer Minderheitsregierung vorsteht.

 

Ihre konservative Partei hatte am Donnerstag die absolute Mehrheit im Unterhaus verloren und ist damit bei Abstimmungen auf die Unterstützung einer anderen Partei angewiesen. May will mit der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) die Möglichkeiten einer solchen Zusammenarbeit ausloten. Der ranghohe Abgeordnete Gavin Williamson war dafür am Samstag in Belfast.

Viele ranghohe Tories hatten Mays Stabschefs für den desaströsen Wahlkampf ihrer Partei verantwortlich gemacht und deren Rücktritt gefordert, damit sie die Premierministerin weiter unterstützen. In seiner Rücktrittserklärung am Samstag sagte Timothy, im Wahlkampf sei es nicht gelungen, Mays positiven Plan für die Zukunft Großbritanniens zu transportieren. Außerdem habe man den Aufschwung der oppositionellen Labour-Partei von Jeremy Corbyn unterschätzt.

Es wird davon ausgegangen, dass May nun auch eine Reihe von Ministerposten neu besetzt. Im Amt bleiben sollen aber Schatzkanzler Philip Hammond, Außenminister Boris Johnson, Innenministerin Amber Rudd, Verteidigungsminister Michael Fallon sowie Regierungsminister David Davis im Amt, der für Großbritannien den Brexit verhandelt.

May wollte sich eigentlich ein stärkeres Mandat sichern

Die DUP könnte den Tories mit ihren zehn Mandaten ermöglichen, Vorhaben durch das Unterhaus zu bringen. Allerdings steht die Zusammenarbeit mit der konservativen pro-britischen Protestanten-Partei aus Belfast unter schwierigen Vorzeichen. Sie lehnt unter anderem Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Partnerschaften ab. Ruth Davidson, die führende Konservative in Schottland, die bald ihre Lebenspartnerin heiraten will, forderte von May Garantien, dass die Homosexuellenrechte nicht unter der Vereinbarung mit der DUP leiden würden.

Nordirland ist der einzige Teil Großbritanniens, in dem gleichgeschlechtliche Ehen verboten sind. DUP-Chefin Arlene Foster wies aber Vorwürfe zurück, dass ihre Partei homophob sei.

May muss nach dem Dämpfer bei der Wahl ihre Regierung rasch wieder in Ordnung bringen. Bereits am 19. Juni sollen die Verhandlungen über einen Ausstieg ihres Landes aus der Europäischen Union beginnen. May hatte die vorgezogene Neuwahl eigentlich ausgerufen, um sich ein stärkeres Mandat für die Verhandlungen mit Brüssel zu sichern. Der Plan schlug aber fehl, ihre Partei verlor zwölf Sitze und damit die eigene Regierungsmehrheit.

Angesichts der anstehenden Brexit-Verhandlungen will die Parteiführung aber vorerst offenbar keine Debatte über eine neue Vorsitzende und Regierungschefin lostreten. Für die britischen Zeitungen ist May aber zumindest angezählt: „May kämpft um Verbleib als Premierministerin“, titelte der „Daily Telegraph“ am Samstag. Die „Times of London“ schrieb: „May starrt in den Abgrund“.