Manche trinken gar nichts, andere zu viel, gemeinsam ist den Partygästen im Grandl-Zelt Eines: Sie sind glücklich, die Schulzeit hinter sich zu haben. Das feiern sie am Realschultag.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Mit Wasserglas und Handy sitzen die Eltern in ihrer Ecke und warten auf den Moment, da die Musik ausgeht, kein „Atemlos“ und kein „Hangover“ mehr bei der Party zum Realschultag durch Grandls Festzelt wummert. Dann sammeln sie ihre Kinder ein und fahren nach Hause. Die Eltern mussten bleiben, wenn der Nachwuchs noch keine 16 Jahre alt ist – und das sind einige Jungs und Mädchen am Realschultag, der am Dienstag im Festzelt gefeiert wird. Seit einigen Jahren ist es Tradition, dass Realschüler aus der Region dort das Ende ihrer Schulzeit feiern – manche mit viel Alkohol.

 

„Ich habe meiner Tochter ein Radler erlaubt, und ich vertraue ihr“, sagt die Mutter einer 15-Jährigen aus Winnenden. Damit es der Tochter nicht peinlich ist, will sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Ihre Tochter habe schon schlechte Erfahrungen mit Alkohol gemacht, sie sei mit Wodka abgefüllt worden, gegen ihren Willen. „Das haben wir aufgearbeitet, sie kennt ihre Grenzen nun“, sagt die Mutter. Ein Elternpaar sieht die Sache noch gelassener: „Ich habe noch keinen von der Bank fallen sehen. Und sie haben Spaß, das ist schön.“

Die Sozialarbeiter checken, ob der Heimweg geplant ist

Das Umfallen kommt manchmal schneller, als es die Eltern prognostizieren können. Das wissen Klausjürgen Mauch und seine Kollegen von der mobilen Jugendarbeit, die von der Caritas und der Evangelischen Gesellschaft getragen wird. „Wenn es heiß ist und die Jugendlichen nach fünf Stunden aus dem Zelt kommen, dann fallen die um wie die Fliegen“, berichtet Mauch aus vergangenen Jahren. Heuer bleibt es bei wenigen Fällen, die so extrem sind. Das liegt nach Einschätzung der Sozialarbeiter einerseits am kühlen Wetter, andererseits an der Vernunft der Partygäste. „Wir haben drei Jugendliche zum DRK gebracht, 15 mal mussten wir Spucktüten reichen“, berichten sie. „Wenn wir einen sehen, der nicht mehr kann, klären wir zunächst, ob er Kumpels dabei hat, die ihn sicher nach Hause bringen.“ Ob es einen Plan für den Heimweg oder gar ein „Elterntaxi“ gibt, ist die nächste Frage.

Am Cannstatter Bahnhof kommt kurz nach 16 Uhr der erste Schwung Realschultag-Publikum an. Dort sorgt die Bundespolizei für den sicheren Heimweg. Um 16.20 Uhr geben Christoph Alber und Daniel Räth, die gemeinsam Streife gehen, eine Zahl durch, die Schlimmeres vermuten lässt: „Wir haben schon drei Rettungswagen gebraucht.“ Es kommt dann aber nicht so schlimm, wie es die ersten Minuten befürchten ließen. „Nach dem ersten Schwung ist es nun recht ruhig“, fassen die Beamten zusammen. Das klingt für Außenstehende seltsam, wenn man sich auf dem Bahnhof umschaut. Ein junger Mann hängt über dem Papierkorb, weil ihm übel ist. Der Putztrupp der Bahn schrubbt eine Lache Erbrochenes weg. Ein Jugendlicher döst am Pfosten des Fahrplanschaukastens – die Männer von der Bundespolizei kennen ihn schon. „Der ist eigentlich noch ganz fit, will aber nicht alleine heim“, sagen sie. Der Schüler habe es mit allen Mitteln versucht, die Polizei dazu zu kriegen, ihn mitzunehmen. „Als ihm gar nichts mehr einfiel, hat er mit Magenbrot nach uns geworfen“, sagt Christoph Alber. Die Beamten greifen ein, wenn jemand sich nicht mehr auf den Beinen halten kann und medizinische Hilfe braucht. Bei Jugendlichen, die von Freunden gestützt werden, sind sie beruhigt: „Auf die passt ja jemand auf.“

Manche Partygänger werden von Mama und Papa abgeholt

Eine Aufpasserin hat auch ein Schüler dabei, dem es gar nicht gut ging, als er aus dem Zelt kam. Bleich sitzt er auf der Wartebank am Bahnsteig. Kurz zuvor brachte ihn seine Mutter aus dem Zelt. Sie hält ihn fest, als er sich übergeben muss. Auch wenn die Partygänger schon 16 sind und trinken dürfen, ist Hilfe aus der Elternecke manchmal dennoch unabdingbar.

Am Abend zieht Klausjürgen Mauch trotz der Zwischenfälle eine positive Bilanz. „Es war mit Abstand der ruhigste Realschultag, seit wir die Veranstaltung begleiten“, sagt er. Neben dem kühlen Wetter habe es auch daran gelegen, dass die Helfer einen kühlen Kopf bewahrten: „Polizei und Sicherheitsdienst haben einige Male hervorragend deeskaliert, wenn es notwendig wurde. Außerdem hatten wir eine sehr hohe Dichte an erwachsenen Helfern.“

Unterdessen verlassen einige Schüler auch ganz nüchtern, aber trotzdem glücklich den Wasen: „Ich habe nur Cola getrunken“, sagt die 16-jährige Alessia aus Ludwigsburg. „Spaß hab’ ich trotzdem: Hurra, wir sind mit der Schule fertig“, jubelt sie.