Die Familie Nasser aus Stuttgart-Möhringen hat sieben Kinder. Der Bundespräsident ist Ehrenpate des Jüngsten. Wir haben mit der Familie gesprochen und uns aus ihrem Alltag erzählen lassen.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Möhringen - Wenn Familie Nasser verreist, ist das ein Kraftakt. „Es ist wie ein Umzug“, sagt der Vater der neunköpfigen Familie aus Möhringen, Ghaleb Nasser. Wenn sie zum Beispiel nach Jordanien fliegen, um dort die Familie zu besuchen, müssen sie sich einen Kleinbus mieten, um die ganze Mannschaft mitsamt ihren 15 Koffern zum Flughafen zu transportieren. Dort angekommen, werden drei Gruppen gebildet, damit keiner verloren geht. Bevor es ins Flugzeug geht, wird durchgezählt, ob auch alle sieben Kinder angekommen sind. „In der Sekunde, in der ich im Flugzeug, sitze, schlafe ich sofort ein. Das ist wirklich sehr, sehr stressig“, sagt Ghaleb Nasser.

 

Der Alltag ist im Vergleich dazu fast wie Urlaub. Doch der muss gut durchorganisiert sein. Die Küchentür hat die 39-jährige Mutter Shereen vollgeklebt mit den Stundenplänen der Kinder und anderen Terminen, die sie nicht vergessen darf. Der Jüngste, Sanad, ist zwei Jahre alt und tagsüber zuhause. Sara (5), Sama (7), Mira (12) und Mohammed (14) gehen in die Schule, die Zwillinge Malak und Maram (16) gehen seit dem Sommer auf ein Internat für Hörgeschädigte in Winnenden. Sie kommen immer am Wochenende nach Hause.

Süßigkeiten sind schon nach wenigen Stunden aufgegessen

„Eigentlich wollten wir drei oder vier Kinder“, sagt Ghaleb Nasser. Dass es sieben wurden, sei einfach passiert, „wir haben nichts dagegen gehabt“. In der arabischen Kultur sei es schließlich nichts Besonderes, viele Kinder zu haben. Ghaleb und Shereen Nasser sind ebenfalls beide mit jeweils sechs Geschwistern aufgewachsen. Trubel sind sie also gewöhnt. „Bei uns ist es immer laut“, sagt der 50-jährige Vater. „Man hat keine Langeweile.“

Um alle satt zu bekommen, kaufen die Nassers regelmäßig kistenweise beim Großhandel ein. „Die denken dort, ich kaufe für mein Restaurant ein“, sagt Nasser lachend und zeigt eine Tüte mit 20 Kilogramm Lammfleisch. Die reicht für etwa eine Woche. Wenn er Süßigkeiten einkauft, sind diese schon ein paar Stunden später verschwunden.

Shereen Nasser hat auf ihrem extra großen Herd mit sechs Kochplatten oft mehrere Töpfe gleichzeitig am Köcheln, denn meistens mag mindestens eines der Kinder das Essen nicht, das auf den Tisch kommt. „Manchmal koche ich drei Gerichte gleichzeitig“, sagt die Mutter von sieben Kindern. Die Spülmaschine laufe zwei- oder dreimal am Tag, Waschmaschinen hat die Familie zwei Stück, Kühlschränke ebenso. „Kaum ist etwas erledigt, geht es immer gleich wieder von vorne los“, sagt Shereen Nasser. Kochen, putzen, den Kindern bei den Hausaufgaben helfen – die Arbeit endet nie.

Trotzdem mag die 39-Jährige das Großfamilienleben. „Die Kinder lachen und spielen alle zusammen. Es gibt keines, das alleine ist“, sagt sie. Alle würden sich gut verstehen, vor allem die Kleinen untereinander und die Großen untereinander. „Man merkt, dass sie ein Team sind. Sie freuen sich aufeinander“, sagt der Vater. Mira sei das Sandwich-Kind in der Mitte, „sie ist beliebt bei allen“. Der Chef sei aber Sanad, der Jüngste.

Die Großen helfen den Kleinen

Mira findet die vielen Geschwister anstrengend. „Die Kleinen verstehen alles gar nicht“, sagt die Zwölfjährige. Seit die großen Schwestern auf dem Internat sind, bleibe es oft an ihr hängen, den Kleinen beim Anziehen oder bei den Hausaufgaben zu helfen. „Aber meinen kleinen Bruder füttere ich gerne.“

Vor Kurzem ist der Familie eine besondere Ehre zuteilgeworden: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Ehrenpatenschaft für Sanad übernommen. Die Bürgermeisterin für Jugend und Bildung, Isabel Fezer, überreichte Familie Nasser stellvertretend die Urkunde. Die Ehrenpatenschaft hat in erster Linie symbolischen Charakter, zudem gibt es 500 Euro von der Stadt und 500 Euro vom Bund geschenkt. Ghaleb Nasser weiß schon, wofür er das Geld verwenden möchte: „Für den nächsten Urlaub.“