In der Großküche im Lothar-Christmann-Haus sehen die Suppentöpfe aus wie kleine Badewannen. Die Köche und Küchenhilfen bereiten täglich 500 Mittagessen zu. Zu Besuch am Herd mit Block und Kamera.

Hoffeld - Es bedarf an Kraft, den riesigen Schneebesen durch die 80 Liter Kartoffelsuppe zu rühren. Immer wieder lässt der Chefkoch mit der weißen Schürze und der karierten Hose den übergroßen Schneebesen durch die Brühe gleiten. Fast wirken die silbernen Bottiche – die den Köchen gleichzeitig als Pfanne und Kochtopf dienen – wie kleine Badewannen voller Kartoffelsuppe.

 

Willkommen in der Großküche des Lothar-Christmann-Hauses in Hoffeld, hier wird in anderen Dimensionen gedacht. Statt Messbecher werden Eimer benutzt, Gemüse und Zwiebeln gibt es im praktischen Vier-Kilo-Sack, und für das Putenrahmgeschnetzeltes braucht es 35 Kilogramm Fleisch. „Wir kochen nicht nach Rezept, sondern nach Gefühl“, betont Olaf Hubert. Der 51-Jährige bereitet seit 24 Jahren täglich Essen für Schulen, Kindergärten, Altenheime und Privatpersonen rund um Degerloch zu. Ob die Mienen derjenigen, die die Suppe später löffeln, zufrieden ausschauen, bekommt das Team nicht mit. An 365 Tagen im Jahr sind drei Köche, neun Küchenhilfen und vier Spülkräfte rund um die Uhr im Einsatz. Während die Köche geschäftig in ihren Badewannen-Bottichen rühren, schälen die Küchenhilfen kiloweise Kartoffeln oder füllen Nudeln in eimergroße Behälter.

Nur zwei Stunden dürfen vergehen

An die 500 Mittagessen verlassen so im Durchschnitt täglich die Großküche in Hoffeld. Dabei hat das Küchenteam mit Zeitdruck zu kämpfen: Gerade mal zwei Stunden dürfen zwischen der Zubereitung bis zum ersten Bissen vergehen, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Der Anspruch, möglichst frisch und gesund zu kochen und das am besten noch preiswert, sei fast nicht zu erfüllen, sagt Hubert. „Maximal vier Euro darf eine Mahlzeit für die Schulkantine kosten, bei den Kitas sind es sogar nur 2,50 Euro.“ Trotz aller Zwänge werde in seiner Küche nicht mit Geschmacksverstärkern oder Tütensuppen gekocht. Auch Frittiertes wie Pommes oder Kroketten sucht man hier vergeblich. Stattdessen kreieren Hubert und seine Köche ihre Soßen selbst. Und abgeschmeckt wird am Ende nicht nur vom Chefkoch persönlich, sondern auch von den Küchenhilfen. Erst wenn alles passt, darf das Essen auf Rädern die Küche verlassen.

Lieferung bis ans Bett

In großen orangefarbenen Heizwagen wird es bis kurz vor der Auslieferung auf 80 Grad erhitzt. Acht Fahrer liefern das Mittagessen aus – in manchen Fällen sogar bis ans Bett. Damit von Anfang bis Ende alles glatt läuft, vertraut Hubert seinem Team blind: Selbständig tauschen die Mitarbeiter wöchentlich ihre Plätze und wissen trotzdem genau, was zu tun ist. Es sind Küchenhilfen wie die Portugiesin Gracenda Salgado oder der Italiener Gennaro Arena, die als Feinschmecker den Alltag in der Großküche versüßen. Während Salgado dem Chefkoch seit mehr als 20 Jahren ohne Ausfall zur Seite steht, hat der gebürtige Italiener die Kunst des Pizzabackens in die Küche im Hoffeld importiert. „Ich habe das Rezept aus Italien, der Teig ist ohne Milch, und die Tomatensoße mache ich mit Olivenöl aus Italia“, erklärt Arena und formt den Pizzateig flugs zu kleinen runden Kugeln. „Eigentlich ist die Arbeit hier schmutzig, laut und anstrengend“, sagt Hubert. Was ihn dennoch so lang in der Großküche gehalten hat? „Ich koche gegen die Vorurteile über Kantinenessen. Wenn ich am Ende selbst von meinem Essen überzeugt bin, sind es die Kunden auch“, gibt Hubert selbstbewusst zurück und schmeckt ein letztes Mal die Kartoffelsuppe ab.