Zwei Lichtkunstwerke bei der Konstanzer Kirche Ditzingen und auf dem Rathausplatz Gerlingen beschäftigen die Bevölkerung jeden Tag – ganz unterschiedlich.

Gerlingen/Ditzingen - Ist das Kunst, oder darf man da rein? So oder ähnlich denken fast alle Passanten, wenn sie die große weiße Röhre auf dem Gerlinger Rathausplatz erblicken. Sind sie dann näher getreten, ist die erste Scheu überwunden. Der Rathausplatz ist in diesen Tagen eine Freiluftgalerie, bei Sonnenschein, Kälte, Regen und Wind. Aus ehrfürchtigen Betrachtern werden Nutzer: Kaum einer wendet sich ab, die meisten laufen staunend um das Kunstwerk herum. Betreten es zögernd. Bleiben auf dem Kunststoff stehen, gehen mit wenigen Schritten durch den hellen Tunnel. Im Dunkeln ist das spannender als am Tag.

 

Am Nachmittag ein Spielplatz

Aber auch am Nachmittag ist die Röhre interessant. Da halten sich gerne Kinder hier auf. Ein toller Spielplatz. Buben von acht, neun Jahren rennen hindurch, manche in Socken. Sie haben wohl das Schild gelesen. Darauf heißt es „Wir freuen uns, wenn Sie dieses Kunstwerk betreten. Bitte jedoch nur in der Mitte, denn seitliches Begehen beschädigt die Röhre.“ Die Kantorin hat im Innern mit Kindern gesungen. Und Karolina Halatek erzählt, sie habe hier schon Menschen beim Picknick gesehen. All das freut die Künstlerin – auch wenn sie am Anfang ein bisschen erschrak über die Unbeschwertheit der Leute. Mittlerweile hat Halatek sich dran gewöhnt. Am Abend bleibt der Zuschauer im Dunkeln, der Mensch in der hellen Röhre ist aber von Weitem zu sehen. Er wird deutlich sichtbar. Zwei Schritte nach draußen – und der Nutzer ist zum Schattenriss reduziert. Faszinierende Ergebnisse der Interaktion.

Tolle Location für außergewöhnliche Fotos

Szenenwechsel. Die Treppe vor der Konstanzer Kirche in Ditzingen. Ein erwachsener Mann und ein junges Mädchen fotografieren sich, mit Stativ und Spiegelreflexkameras. Unendlich viele Posen sind mit den zwölf Lichtstrahlern möglich: hineinstehen, mit den Armen umfassen, die Haare im Wind und Nebel flattern lassen. „Papa, nimm’ den Kopf hoch!“ Friedemann John aus Schöckingen und seine Tochter Annegret machen tolle Erfahrungen mit dem Lichtkunstwerk von Erik Mátrei. Ein paar Abende später sind hier zwei Familien aus Gerlingen zu beobachten. Emma und Hanna haben sich weiße Hosen angezogen. Die Mädchen, 12 und 13, sind begeistert von der ungewöhnlichen Location. Sie posieren auf den Stufen, umarmen einen Lichtstrahl, schauen vom Licht ins Dunkel und zurück, staunen über die Reflexionen. Auch ihre Eltern haben Spaß. Mit Videokamera und Handy halten sie alles fest.

Dass auch dieses Werk angenommen wird, freut Muhamed Hamudeh und Yaman Albehri. Jeden Abend kümmern sie sich darum, bedienen die Nebelmaschinen, schauen nach den Lichtern, verteilen Prospekte. Die beiden Flüchtlinge wollen sich in ihrer neuen Heimat nützlich machen. Sie dienen den Menschen und der Kunst.