Die Spitze der Ulmer Industrie- und Handelskammer ist mit ihrem vehementen Einsatz für das Bahnprojekt Stuttgart 21 zu weit gegangen.

Sigmaringen - Die Spitze der Ulmer Industrie- und Handelskammer hat zu vehement für das Bahnprojekt Stuttgart 21 geworben. Damit hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen neun Klägern recht gegeben, die eine Unterlassung verlangt hatten, wie es am Donnerstag mitteilte (Az.: 1 K 3870/10). So müsse die IHK nun unter anderem ein rund 100 Quadratmeter großes Plakat von der Fassade entfernen lassen, auf dem es heißt, es sei „Allerhöchste Eisenbahn“ für das Milliardenbahnprojekt.

 

IHK-Präsident Peter Kulitz und seine Kollegen dürfen ferner unter anderem nicht mehr behaupten, dass Ulm ein „Bollwerk“ für Stuttgart 21 sei oder die Neubaustrecke nach Ulm ohne den Umbau des Stuttgarter Bahnnetzes „sprichwörtlich auf dem Acker“ ende, so das Gericht. Kulitz reagierte enttäuscht auf die Entscheidung, die ihn „in dieser Pauschalität“ überrasche. Die IHK werde auf die schriftliche Urteilsbegründung warten und dann entscheiden, ob sie in die Berufung gehe.

„Das Gericht hat in der Verhandlung betont, dass es unstreitig Aufgabe der IHK sei, sich zu Verkehrsfragen zu äußern. Allerdings sehen wir uns durch diese Rechtsprechung gehindert, diese Interessen wahrzunehmen und adäquat zu kommunizieren“, erklärte Kulitz in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Pro-Stuttgart-21-Plakat will die IHK zunächst hängenlassen. Allerdings wäre das Urteil des Verwaltungsgerichts „vorläufig vollsteckbar“ - wofür die Kläger aber 4500 Euro hinterlegen müssten.

Hintergrund des Urteils ist, dass die Kammern laut Bundesverwaltungsgericht rechtlich dazu verpflichtet sind, zurückhaltend und mit einem „Höchstmaß an Objektivität“ zu Themen Stellung zu beziehen - dem wurde aus Sicht der Sigmaringer Richter im vorliegenden Fall nicht Rechnung getragen. Auch die Stuttgarter IHK war bereits in einem vergleichbaren Fall vor Gericht unterlegen. Der Vergleich, den auch das Sigmaringer Gericht zog, ist aus Sicht der Ulmer Kammer unzulässig. In der Landeshauptstadt sei das Klima wegen des Bahnprojekts emotional aufgeheizt, in Ulm jedoch nicht.