Die Landesregierung hat den Nachtragshaushalt 2015/16 in den Landtag eingebracht. Der sei gar nicht nötig, befand FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die meisten Projekte seien doch lange bekannt.

Stuttgart - Dieser Nachtragshaushalt ist einmal mehr der Beweis einer unseriösen Finanzpolitik.“ So sieht es der CDU-Fraktionschef und Herausforderer des Ministerpräsidenten Guido Wolf. „Mit dem Nachtragshaushalt investieren wir in die Zukunft unseres Landes.“ So sagt es der Finanzminister Nils Schmid (SPD). Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Auseinandersetzung über die Finanzpolitik von Grün-Rot.

 

In dem am Donnerstag in den Landtag eingebrachten Nachtrag zum kurz vor Weihnachten verabschiedeten Doppelhaushalt 2015/16 regelt die Landesregierung einige seither aufgetauchte Themen.

Der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen ist dabei das monetär wichtigste. 365 Millionen Euro mehr als bisher geplant gibt Baden-Württemberg für diesen Komplex aus. Das sind vor allem um in den beiden Jahren insgesamt 185 Millionen Euro höhere Erstattungen an die Landkreise. Darunter fallen Investitionen in neue Erstaufnahmestellen in Freiburg, Mannheim und Schwäbisch Hall von insgesamt knapp 80 Millionen Euro. Es sind aber auch zusätzliche Senate für die Verwaltungsgerichte, damit dort Klagen von abgewiesenen Asylbewerbern schneller behandelt werden können. Und es ist auch ein Mehr fürs Innenministerium zur „Verstärkung des Aufgabenbereichs Abschiebung“.

Zur Stärkung der Hochschulen

Für bildungspolitische Maßnahmen sind 2015 und 2016 rund 140 Millionen mehr Ausgaben als bisher vorgesehen. Die Umsetzung der Inklusion profitiert davon, dafür sind 400 Stellen vorgesehen. 325 Zusätzliche Stellen für die Realschulen sind im Programm. Mehr Geld gibt es auch für eine verbesserte Unterrichtsversorgung.

Die Stärkung der Hochschulen durch eine Erhöhung ihrer Grundfinanzierung und die zusätzlichen Stellen für Polizei, Verfassungsschutz und Justiz zur Bekämpfung des islamistischen Terrors sind weitere Beispiele für Mehrausgaben.

Wenn die Opposition glaube, das diene zur Beglückung des Wahlvolkes, könne sie die Projekte ja ablehnen, sagte die Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann. „Wir tun was und nehmen Geld dafür in die Hand, mit Wahlgeschenken hat das nichts zu tun“, sagte Sitzmann. Das bekräftigte ihr SPD-Kollege Claus Schmiedel, der ausgiebig die Lobeshymnen von Hochschulvertretern über die Wissenschaftspolitik der grün-roten Landesregierung wiedergab. Das zeige doch, dass einem wirklichen Bedarf entsprochen werde.

Rücklagen auf Pump?

Die Opposition hielt sich dabei gar nicht so sehr an den Inhalten auf, sondern kritisierte vor allem die Vorgehensweise. CDU-Vormann Guido Wolf bemängelte erneut, die Regierung habe kreditfinanzierte Rücklagen gebildet, die sie nun zur Finanzierung ihrer Vorhaben einsetze. Nur so könne Grün-Rot im Wahljahr 2016 auf eine weitere Schuldenaufnahme verzichten. In diesem Jahr sollen ja rund 770 Millionen Euro am Kreditmarkt beschafft werden.

Tatsächlich muss Grün-Rot zur Finanzierung des Nachtrags Überschüsse aus den Vorjahren von knapp 3,7 Milliarden Euro einsetzen, im Nachtrag 400 Millionen mehr als bereits im Ur-Haushalt. Für die Rücklage für unvorhersehbare Haushaltsrisiken bleiben laut Nachtrag 86 Millionen Euro weniger übrig als zunächst vorgesehen. Die Finanzreserven sind damit weitgehend aufgebraucht.

Als Volksbeglücker unterwegs

Der Chef der FDP-Fraktion, Hans-Ulrich Rülke, erneuerte den Vorwurf, Grün-Rot verteile vor der Wahl Wohltaten. Der Nachtragshaushalt sei eigentlich gar nicht nötig gewesen. Allenfalls bei der Entwicklung bei den Flüchtlingen habe man aufgrund des unerwartet hohen Zustroms nachsteuern müssen. Alles andere hätte bereits in den Ur-Haushalt eingearbeitet werden können. Das habe man aber nicht getan, damit „sie jetzt noch mal als Volksbeglücker glänzen können“.

Viel spricht dafür, dass es später im Jahr eine weitere Chance dafür geben wird, wenn ein zweiter Nachtrag kommt. Nutznießer sind dann die Landesbediensteten, die Frage ist in welchem Umfang. Grün-Rot prüft akut, ob der Abschluss für die Tarifbeschäftigten sofort und in voller Höhe für die Beamten übernommen werden soll – wie es etwa die CDU fordert. Das würde in den beiden Jahren insgesamt 1,05 Milliarden Euro mehr kosten. Vorsorglich zurückgelegt sind aber nur 620 Millionen. 436 Millionen wären also noch zu finanzieren.