Die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD wollen den Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein eingeschränktes Promotionsrecht zugestehen. Das bringt die Universitäten in Rage.

Stuttgart - Die Wissenschaftsministerin beeilt sich, zu beschwichtigen. „Die Differenz zu den Universitäten soll nicht eingeebnet werden“, erklärt Theresia Bauer (Grüne) zu einem Vorstoß der Regierungsfraktionen zur Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG). Stein des Anstoßes ist eine so genannte Experimentierklausel, die Grüne und SPD ins Gesetz aufnehmen wollen. Sie soll den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) unter bestimmten Bedingungen das Promotionsrecht geben.

 

Die HAW sind begeistert, die Universitäten aber reagieren empört. Sie halten ein gesondertes Promotionsrecht für „völlig unangebracht“, wie Karl Joachim Ebeling der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, sagt. Bastian Kaiser, Ebelings Pendant bei der Rektorenkonferenz der HAW, sieht das beschränkte Promotionsrecht dagegen als einen konsequenten Schritt an, nachdem die Fachhochschulen zu Hochschulen für angewandte Wissenschaften befördert wurden. Die Möglichkeit, dass die forschungsstärksten Hochschulprofessoren im Verbund verschiedener HAWen Promotionen anbieten können, wertet er als Anerkennung der Forschungsleistung der HAW. Das stärke das internationale Gewicht der Hochschulen, mache sie für drittmittelgebende Partner attraktiver und sei ein Pfund im Wettbewerb um die besten Köpfe bei den Berufungen, sagt Kaiser.

Kein Promotionsrecht für jede Hochschule

Die Experimentierklausel erlaubt nicht Promotionen an jeder HAW. Es geht um ein Promotionsrecht für einen Verbund, es soll thematisch wie zeitlich begrenzt sein. Kaiser rechnet mit acht bis zehn Jahren. In der Zeit wollten die Hochschulprofessoren, „beweisen, dass wir es können“, sagte Kaiser. Es gehe nicht darum, die Promotionen an den Universitäten in Frage zu stellen.

Das betont auch die Ministerin Bauer. sie sieht den Königsweg in der Kooperation von Uni und HAW. In gemeinsamen Promotionskollegs werden die Rechte der HAW-Professoren gestärkt. Die Experimentierklausel werde an Qualitätskriterien gebunden und auf bestimmte Themen eingegrenzt. Universitäten blieben durch ihr allgemeines Promotionsrecht „für die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zuständig“. Den Schwerpunkt der HAW sieht Bauer weiterhin in der Lehre und dem Anwendungsbezug.

Unis für den Ausbau gemeinsamer Promotionskollegs

Das freut die Universitäten. Jetzt hoffen sie, dass sich die Abgeordneten der Ministerin anschließen werden. Sie plädieren für den Ausbau der Promotionskollegs zwischen Unis und Hochschulen. Die Unis seien von der Absicht der Regierungsfraktionen vollkommen überrascht worden, klagt Ebeling, der Rektor der Universität Ulm. Er zeigte sich „bestürzt“, dass die Fraktionen die Forschungsleistung der Unis offenbar so gering achteten, „dass wir nicht einmal als Gesprächspartner betrachtet werden, wenn der Landtag Änderungen wesentlicher Strukturen der Wissenschaftslandschaft wie der Promotion plant“.