Gewerbesteuer für Freiberufler und Ausbau der erneuerbaren Energien im Land.

Stuttgart - Mit einem umfangreichen Reformpaket will die künftige grün-rote Koalition in Baden-Württemberg im Bundesrat für stabilere Finanzen der Kommunen sorgen. Zudem einigten sich die Delegationen beider Parteien am Mittwoch in Stuttgart darauf, den Ausstieg aus der Atomenergie zu beschleunigen und die stärkere Nutzung regenerativer Energien voranzutreiben.

 

Klimafreundliche und saubere Energie im Land

Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: „Wir wollen Baden-Württemberg ins Zeitalter einer klimafreundlichen und sauberen Energie führen.“ In der vierten Verhandlungsrunde einigten sich Grüne und SPD darauf, dass die Gewerbesteuer auf Freiberufler und Selbstständige ausgedehnt werden soll. Dafür soll es eine entsprechende Initiative im Bundesrat geben. SPD-Landeschef Nils Schmid sagte: „Ärzte und Steuerberater profitieren von der kommunalen Infrastruktur genauso wie Metzger und Bäcker.“ Es gehe darum, die Gewerbesteuer als Haupteinnahmequelle der Städte und Gemeinden auf eine breitere Basis zu stellen, von Konjunkturschwankungen unabhängiger zu machen und ihr Aufkommen zu erhöhen.

Landkreise von Sozialausgaben entlasten

Außerdem wollen Grüne und SPD dafür sorgen, dass die Landkreise von Sozialausgaben wie die Hilfen für die Eingliederung von Behinderten oder die Jugendhilfe entlastet werden. Einen Teil dieser sozialen Aufgaben müsse der Bund finanzieren. Schmid kündigte zudem einen Vorstoß zur Reform der Grundsteuer an, die in der bisherigen Form ungerecht und damit anfällig für Verfassungsklagen sei. Es gelte, auch diese wichtige Säule der Kommunalfinanzen zu erhalten.

Zuspruch bekamen die künftigen Koalitionäre vom Städtetag. Ein Sprecher des Kommunalverbandes nannte die von Grün-Rot angekündigten Initiativen für Erhalt und Ausbau der Gewerbesteuer, für die Entlastung von Sozialausgaben sowie die Reform der Grundsteuer ein kraftvolles Signal für eine Stärkung der kommunalen Finanzen.

Seite 2: FDP: Aufschwung wird abgewürgt

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke wertete die Gewerbesteuerpläne dagegen als „pure Mittelstandsfeindlichkeit“. Er sagte: „Grün-Rot scheint mit Gewalt zu versuchen, den wirtschaftlichen Aufschwung abzuwürgen und die Bürokratie zu vergrößern.“ CDU-Generalsekretär Thomas Strobl sagte: „Diese Ausweitung von Steuern richtet sich gegen die fleißigen Menschen im Land.“

Neckarwestheim I und Philippsburg I sollen dauerhaft vom Netz

Kretschmann kündigte an, die von ihm geführte Landesregierung werde sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Atommeiler Neckarwestheim I und Philippsburg I dauerhaft stillgelegt werden. Außerdem sei das erklärte Ziel, dass Neckarwestheim II noch vor dem Jahr 2020 vom Netz geht. Die künftige grün-rote Regierung werde auch die Blockade bei der Windenergie beseitigen. Bis zum Jahr 2020 sollen nach Kretschmanns Worten zwischen Main und Bodensee rund ein Zehntel des Stroms aus Windenergie erzeugt werden.

Die landeseigenen Gebäude sollen so saniert werden, dass dort weniger Energie verbraucht wird. Grün-Rot will zudem Anreize für Betriebe schaffen, möglichst sparsam mit Energie umzugehen.

Das Tübinger Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung riet der zukünftigen grün-roten Landesregierung unterdessen zu zahlreichen Reformen in der Wirtschaftspolitik. Zwar stehe der Südwesten gemessen an der Wirtschaftsleistung und der Beschäftigung im Bundesvergleich gut da. „Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag das Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg jedoch knapp unter dem Bundesdurchschnitt“, erklärten die Experten. Vor allem bei Technologie-Förderung und in der Bildung gebe es Reformbedarf. „Die Landesregierung kann für die wirtschaftliche Entwicklung viel tun.“