Die grün-schwarze Landesregierung hat jetzt die Abgeordneten über Besetzungsrechte von Spitzenjobs in Landesunternehmen informiert. Sie reagiert damit auf heftige Kritik an den Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag.

Stuttgart - Der Chef der Grünen-Regierungsfraktion, Andreas Schwarz, ist zufrieden. Das Finanzministerium hat auf sein Drängen hin auch die dritte eigentlich vertrauliche Absprache zum Koalitionsvertrag öffentlich gemacht. Dieses Mal ging es um personelle Absprachen. „Es war ein Anliegen von mir als Fraktionsvorsitzendem, dass die weiteren Entscheidungen öffentlich gemacht werden“, sagte Schwarz vor Journalisten. Damit sieht der Fraktionschef den Vorwurf widerlegt, die Grünen seien mittlerweile ausgeprägt autoritätshörig geworden.

 

Besetzungen werden noch veröffentlicht

Die Liste der Aufsichtsräte und Verwaltungsräte in Unternehmen mit Landesbeteiligung ist noch nicht vollständig, wurde aber bereits an die Abgeordneten übersandt. Gisela Splett (Grüne), die Staatssekretärin im Finanzministerium, weist vorsorglich darauf hin, dass die Besetzungen, die jetzt noch offen seien, im Beteiligungsbericht 2016 und auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht werden, „sobald dieser Prozess abgeschlossen ist“.

Offen ist auch noch, wen Grüne und CDU für die jeweiligen Geschäftsführerposten vorschlagen werden. Manche stehen erst im weiteren Verlauf der Legislaturperiode zur Neu- oder Wiederbesetzung an. Sofort zu bestellen sind der Datenschutzbeauftragte und der Bürgerbeauftragte. Im kommenden Jahr ist ein neuer Präsident des Landesrechnungshofs zu wählen. Ebenso geht es um den Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung und einen der beiden Geschäftsführer des Stuttgarter Flughafens. Im Januar 2018 soll Marion Caspers-Merk, die Chefin der Staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft abgelöst werden.

Eine Liste im Arbeitsprozess

Über die Besetzungsrechte und die Verteilung der Aufsichtsratsmandate hätten sich Grüne und CDU erst nach Abschluss der Koalitionsvereinbarung verständigt, erklärte Andreas Schwarz. Er betonte, es handle sich um im Arbeitsprozess befindliche Listen. Trotzdem habe er auf die schnelle Veröffentlichung gedrängt: „ich will die Dramatik herausnehmen“.

Was die Sparvorschläge der Koalitionsspitze angeht, die am Wochenende bekannt wurden, gehen die Wogen jedoch nach wie vor hoch. Als Chef der größeren Regierungsfraktion relativierte Schwarz die Verbindlichkeit der Absprachen. „Vieles aus den Papieren ist nicht neu“,sagte er. Die Abgeordneten, die in den Arbeitsgruppen am Koalitionsvertrag mitgearbeitet hätten, seien zumindest über die Nebenabsprachen in ihren Bereichen informiert gewesen. Er selbst sei über die gesamten Absprachen ins Bild gesetzt worden, als er von Edith Sitzmann den Posten des Fraktionsvorsitzenden übernommen habe.

Auf der Suche nach Vertraulichkeit

Allerdings habe er es nicht als seine Aufgabe angesehen, diese Informationen „auf dem Markt zu verbreiten“. Er finde es nachvollziehbar, dass die Koalitionsspitzen Vertraulichkeit suchten. Auch unter Abgeordneten der Grünen gebe es aber Unmut über die Absprachen, räumte er ein. Wenn ihn seine Kollegen anriefen, sagte Schwarz, „dann erkläre ich ihnen, wie man das einzuordnen hat“. Damit bringt Schwarz Andreas Stoch, den Vorsitzenden der oppositionellen SPD-Fraktion auf die Palme.

Missachtung des Parlaments

„Es ist beschämend, dass der grüne Fraktionsvorsitzende die Missachtung des Parlaments verteidigt“, empört sich Stoch. Er wettert, „die grüne Strategie des Tarnens, Tricksens und Täuschens wird fortgesetzt“. Von einem unverbindlichen Instrumentenkasten zur Beseitigung des strukturellen Defizits könne keine Rede sein, wenn bis auf die Stelle hinter dem Komma die Erhöhung der Grunderwerbsteuer benannt werde. Dazu betonte Wolfgang Reinhart, der Vorsitzende der CDU-Fraktion erneut, die CDU sehe wegen der guten Staatseinnahmen der vergangenen fünf Jahre gar keinen Grund, die Steuer zu erhöhen. Für die Grünen sagte Fraktionschef Schwarz, „ich schließe die Erhöhung der Grunderwerbssteuer nicht aus, ich strebe sie aber auch nicht an“. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat erklärt, er hätte die Nebenabreden nicht gemacht, wenn er gewusst hätte, dass sie nicht geheim bleiben. Das hält die FDP für naiv.

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