CDU-Landeschef Thomas Strobl wird zum stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt er, was Grün-Schwarz jetzt schon besser macht als Grün-Rot. Außerdem nimmt Strobl in unserem Newsroom per Video Stellung zur künftigen Regierung.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)
Herr Strobl, während der Koalitionsverhandlungen haben Sie auffällig oft grüne Krawatten getragen. Wollten Sie sich damit bei Herrn Kretschmann einschmeicheln?
Das war, offen gesprochen, eher für Sie gedacht als für Herrn Kretschmann.
Warum für uns?
In Phasen, in denen man noch nicht so viel erzählen kann oder will, kann es von Nutzen sein, dass die Medien sich manchmal gerne mit solchen Sachen beschäftigen. Zwischen den Grünen und der CDU hatten wir in den letzten Wochen sehr, sehr harte Verhandlungen: Einschmeicheln geht anders.
War es härter als erwartet?
Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass es für die Grünen etwas Neues war.
Die SPD ist vor fünf Jahren aus vergleichbarer Position wie heute die CDU zum Juniorpartner der Grünen geworden – und dachte, in Wahrheit der stärkere Partner zu sein. Am Ende zahlten alle grün-roten Erfolge bei Winfried Kretschmann ein. Wie wollen Sie verhindern, dass die CDU dasselbe Schicksal ereilt?
Wir hatten jetzt Verhandlungen zwischen zwei etwa gleich starken Partnern, und es wird auch künftig immer klar sein: Das sind die Grünen, das ist die CDU. Da wird nichts vermischt. Schon die Verhandlungen liefen nach meinem Eindruck anders als 2011. Damals haben sich Grüne und SPD sehr schnell aneinander gekuschelt. Man hat damals unangenehme Themen wie Haushalt und Finanzen einfach ausgeklammert, was sich bitter gerächt hat. Rot-Grün hinterlässt ein jährliches Haushaltsdefizit, das bis 2020 auf mehr als drei Milliarden Euro ansteigt. Da haben wir uns diesmal keinen schlanken Fuß gemacht.
Sie sagen doch genauso wenig wie Rot-Grün, wo Sie sparen wollen.
Wir haben unmissverständlich miteinander verabredet: Die Schuldenbremse wird eingehalten – ab 2020 gibt es definitiv keine Neuverschuldung mehr. Um das zu unterstreichen, werden wir die Schuldenbremse auch in die Landesverfassung schreiben.
Warum haben Sie nicht gleich in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass Grün-Schwarz keine neuen Schulden machen will? Das wäre ein weit stärkeres Signal gewesen.
Keine Neuverschuldung – das ist unser erklärtes Ziel. Wir dürfen aber das Ruder nicht so stark herumreißen, dass das ganze Staatsschiff ins Schlingern gerät und die Wirtschaft Schaden nimmt. Der Haushalt ist durch zu hohe Ausgaben in eine Schieflage gekommen – trotz stetig steigender Steuereinnahmen.
Wenn Sie als Land mehr Geld einnehmen wollen, könnten Sie noch einmal die Grunderwerbsteuer anheben. Oder schließen Sie das aus?
Da warten wir die Haushaltsberatungen ab.
Die Grunderwerbsteuer bleibt also im Instrumentenkoffer.
Da liegt vieles.
Wenn es ans Sparen geht, werden Sie um die Ausgaben für das Landespersonal nicht herum kommen. Vor der Wahl hat die CDU lautstark kritisiert, dass Rot-Grün damit das Verhältnis zu den Beamten zerrüttet habe. Wie wollen Sie dieses Verhältnis bessern, wenn Sie nun selber ans Gehalt von Lehrern und Polizisten gehen?
Zunächst einmal: Wir sind und wir bleiben gern im Gespräch mit den Beamten. Das ist mir persönlich ein Anliegen, dass die Staatsdiener in Baden-Württemberg hoch motiviert sind und mit Freude in die Arbeit gehen. Klar ist, kein Beamter wird weniger Geld in der Tasche haben als vorher. Es geht aber darum, in welchem Tempo und in welcher Höhe Gehaltssteigerungen erfolgen.
Die Einstiegsgehälter für Beamte bleiben abgesenkt?
Nein. Wir werden die Absenkung der Eingangsbesoldung rückgängig machen. Wegen der prekären Haushaltslage können wir das aber nur in Stufen schaffen. Wir beginnen mit den Mangelberufen – wie Ingenieuren, IT-Spezialisten oder auch Sonderschullehrern – und etwa zum Ende der Legislaturperiode wird die Absenkung rückgängig gemacht sein.
Wenn Sie so wenig Geld haben: Wie wollen Sie den Riesenschritt bei der Digitalisierung hinbekommen, den Sie versprochen haben?
Wir haben verabredet, 325 Millionen Euro für die Digitalisierung auszugeben. Es ist entscheidend wichtig, dass wir das Land zukunftsfähig machen.
Im Vergleich zu Bayern, das für sein Digitalprogramm 1,8 Milliarden ausgibt, ist das wenig.
Man muss sich immer genau anschauen, was da alles hineingerechnet wird. Wir jedenfalls haben den Betrag, der bisher jährlich zur Verfügung stand, ungefähr verzehnfacht. Gewünscht hätte ich mir freilich mehr – aber der Haushalt ist, wie gesagt, in einer prekären Lage.
Wofür konkret wollen Sie das Geld ausgeben? Vor allem für den Netzausbau?
Ein Teil wird in Forschung und Entwicklung fließen. Wir wollen, dass das schnelle Internet in ganz Baden-Württemberg sehr schnell Standard wird. Wir wollen auch, dass schon die Zehnjährigen mit den enormen Chancen und auch mit den Risiken bei diesem Thema vertraut gemacht werden. Deswegen wird es die Informationstechnologie verstärkt in den Schulen geben. Wir beenden die Kreidezeit an den Schulen.
Aber steht das nicht alles unter einem Finanzierungsvorbehalt, wie es im Koalitionsvertrag heißt?
Nein. Diese Mittel sind gesetzt, genauso wie zum Beispiel die 84 Millionen für den Kinderbildungspass, die 500 Millionen für die Infrastruktur und die 1500 zusätzlichen Vollzeitstellen für die Polizei.