In einer 13-stündigen Sitzung räumen CDU und Grüne die größten Koalitionshindernisse aus dem Weg.

Stuttgart - Bauernbrot, Käseaufschnitt und Rauchfleischplatte: Den Damen und Herren Koalitionären stand der Sinn nach Deftigem, als sie am Donnerstagabend ihre Verhandlungen unterbrachen. Sie ahnten wohl, dass die Nacht lang werden würde und ließen sich gegen 7 Uhr erst einmal ein Vesper servieren. Der eine oder andere genehmigte sich sogar ein Gläschen Wein. Locker und unverkrampft soll die Stimmung gewesen sein, sagen Beobachter. Fast wie beim Hüttenabend. Vorbei die strenge Sitzordnung nach Schwarz und Grün, die ungleichen Partner begannen zu kuscheln.

 

Für Sekt war es in der Nacht auf Freitag allerdings noch entschieden zu früh, denn nebenan im Gobelinsaal, wo die Verhandlungen seit Tagen stattfinden, wartete zu später Stunde noch schwer verdauliche Kost: das Thema Windkraft zum Beispiel und die Frage, welchen Abstand Kraftwerke von Wohnhäusern haben müssen. Bis zur letzten Minute hätten die zehn Unterhändler darum gerungen, so ist zu hören. Auch die Themen Nahverkehr und Straßenbau zogen sich bis in die frühen Morgenstunden. Ein paar Mal hatten die Teilnehmer sogar den Eindruck, dass die Sache scheitert – trotz Hüttenatmosphäre.

Doch es kam anders. Morgens gegen halb drei ging die Runde nach einem 13-stündigen Marathon auseinander – im Wissen, dass die größten Brocken abgeräumt sind. Kein Anlass für Sekt, aber immerhin für ein Absacker-Bier. „Vernünftige Lösungen“ habe man gefunden, ließen sich Teilnehmer tags darauf vernehmen. Was die Inhalte angehe, müsse man jetzt nur noch Kleinigkeiten bereden. Nun ja, immerhin ging’s auch um das Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Am Freitag um die Mittagszeit war jedenfalls schon wieder Leben im Gobelinsaal – dort, wo US-Außenminister James F. Byrnes 1946 seine berühmte Rede der Hoffnung gehalten hatte. Das Ganze zog sich dann noch bis in den Nachmittag.

Jetzt geht’s ums Personal

Die Zuschnitte der Ressorts und die Verteilung der Ministerien an die beiden Koalitionspartner wollen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und CDU-Landeschef Thomas Strobl (CDU) nun am Wochenende unter vier Augen bereden. Auch in großer Runde wird man sich dann mit den Ergebnissen befassen. So kommt am Samstagnachmittag eine Konferenz von Funktionären und Mandatsträgern der CDU in Stuttgart zusammen. Am Sonntag trifft sich der Grünen-Landesvorstand. Den krönenden Abschluss bildet dann am Sonntagabend eine großen Koalitionsrunde: Jeweils 18 Teilnehmer von beiden Seiten werden das Für und Wider des Koalitionsvertrags erörtern. Der soll dann am Montag offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Und das Personal? Kretschmann und Strobl werden die Ministerien mit Sicherheit nicht zuschneiden, ohne konkrete Namen im Hinterkopf zu haben. Wahrscheinlich werden sie sich aber damit bis Mitte der Woche Zeit lassen. Kretschmann sagte kürzlich, er sehe da keine Eile, weil die Personalien ja nicht Teil des Koalitionsvertrags seien.

Die Sektflasche muss also weiterhin zu bleiben. Erst müssen die beiden Parteitage am kommenden Wochenende ihren Segen erteilen, und dann steht ja noch die entscheidende Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag an. Vor dem 12. Mai werden die Korken nicht knallen.