In Berlin ertrinken Start-ups und potenzielle Mitarbeiter inzwischen in einer Flut an Bewerbungen und Optionen. Drei schwäbisch-türkischstämmige Brüder wollen nun auf einem Online-Portal die Spreu vom Weizen trennen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Hunderte von Start-ups suchen nach Mitarbeitern, tausende oder Zehntausende von jungen Kreativen, Programmieren und Marketingleuten wollen einen möglichst viel versprechenden Job. Das Ergebnis: überquellende Postfächer und Kontaktanfragen, die kein Mensch mehr beantworten kann.

 

So beschreibt der Gründer und Personalexperte Murshil Ünver am Beispiel der bei internationalen Nachwuchskräften besonders begehrten Start-up-Hochburg Berlin eines der zurzeit wohl turbulentesten Segmente des deutschen und europäischen Arbeitsmarkts. „Als Unternehmensgründer ist es Ihr Hauptziel, Top-Talente zu finden. Und Ihnen fehlt die Zeit“, sagt Ünver. Das Problem: die mehreren zehntausend Euro, welche die Suche nach führenden Mitarbeitern bei privaten Vermittlungsagenturen kostet, können sich die meisten jungen Firmen nicht leisten.

Persönliche Netzwerke reichen nicht mehr

Drei türkischstämmige Gründer mit in Rottenburg liegenden schwäbischen Wurzeln, die bereits eine reguläre, so genannte Headhunter-Agentur betreiben, haben deshalb seit Anfang des Jahres unter dem Namen „Start-up CVs“ eine speziell auf die Bedürfnisse der Start-up-Szene zugeschnittene Personalvermittlungsagentur an den Start gebracht. (CV heißt Curriculum Vitae und ist die im Englischen gebräuchliche Abkürzung für Lebenlauf.) Zwar werden im Gründermilieu viele Stellen über persönliche Empfehlungen und Netzwerke besetzt. Aber der Gründerstandort Berlin ist dafür teilweise zu unübersichtlich geworden. Nach mehreren Jahren bei Google und bei internationalen Beraterfirmen glauben die im Berliner „Schwabenviertel“ Kreuzberg heimischen, und in der Szene gut vernetzten Entrepreneure das richtige Raster bei der Personalsuche für Start-ups zu kennen.

Ihr Portal, das in der Startphase auch für die Firmen kostenlos ist, soll auch langfristig um ein Vielfaches günstiger sein als eine konventionelle Personalvermittlung. Die Bewerbungen sollen dort so vorsortiert und aufbereitet werden, dass ein meist schon durch andere Aufbauprobleme gestresster Gründer sich am Ende nur mit einer Handvoll wirklich in Frage kommender Kandidaten auseinandersetzen muss. Zum Service gehört es beispielsweise, dass die Bewerber nicht nur in zwei Leistungsgruppen klassifiziert, sondern auch kompakt bewertet werden. Damit das funktioniert, setzt das Portal weniger auf Algorithmen als auf die Expertise von zurzeit acht Mitarbeitern, die anhand von Schlüsselfragen bei den Bewerbungen effizient die Spreu vom Weizen trennen sollen. Damit soll sich das Angebot von den bereits bestehenden Konkurrenzportalen abheben.

„Die Firmenausstattung, die Laptops, Schreibtische und Stühle, entscheiden nicht über Erfolg oder Misserfolg eines Startups - es sind die Köpfe“, sagt Ünver über den harten Kampf um die Talente, den man bei StartupCVs auch selber führt: „Sie brauchen die besten und passendsten Mitarbeiter.“

Nur Wochen nach dem Freischalten des Portals hat das Unternehmen bereits 300 junge Firmen auf der Liste, die nach Personal suchen. Wie groß die Zahl der Bewerber ist, dazu hält man sich noch bedeckt – doch sie dürfte bereits in Tausende gehen. Noch stammt die große Mehrheit der suchenden Start-ups aus Berlin. Doch das Geschäft wächst so schnell, dass eine Dependance für London vor der Gründung steht und der Schritt ins Silicon Valley im Visier ist. Bisher finanziert sich StartupCVs noch aus eigener Kraft und ohne Investor.