Die Gründer des Online-Modehändlers geben sich seriös. Auf die am brennendsten interessierende Frage, wann die vor sechs Jahren gegründete Firma an die Börsen gehen wird, geben sie jedoch keine Antwort.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Berlin - Genug geschrien – der Online -Modehändler Zalando, der mit schriller Fernsehwerbung unter dem Motto „Schrei vor Glück“ bekannt geworden ist, will als stabiles Unternehmen wahrgenommen werden. Nicht nur die neue Werbekampagne des Modeversenders setzt ganz auf Lifestyle und nicht mehr auf Originalität. In Berlin wollten die Gründer David Schneider, Rubin Ritter und Robert Gentz der internationalen Presse eine gereifte Firma präsentieren. Auf die am brennendsten interessierende Frage, wann die vor sechs Jahren gegründete Firma denn an die Börse gehen wird, verweigerten sie jegliche konkrete Antwort. Das sei nur eine Option, hieß es .

 

„Alle Fragen sind erlaubt – außer zum Börsengang, Börsengang und Börsengang“, so stand in einer umgebauten Fabrik gegenüber des Berliner Ostbahnhofs in großen Lettern auf der Leinwand. An diesem Standort wird Kleidung für die Präsentation im Internet fotografiert. Das Ambiente in einer ungetünchten Montagehalle, hinter einer Fassade mit bröckelnden Wandgemälden verströmte noch das Start-up Image, mit dem Zalando groß geworden ist. Doch trotz Jeans und lässigen Hemden wollten die Gründer und Geschäftsführer, nicht mehr als junge Wilde wahrgenommen werden.

Mitgründer David Schneider erzählte davon, dass nach Jahren mit enormen Investitionen die Profitabilität auf dem Kernmarkt in Deutschland, Österreich und Schweiz inzwischen klar erreicht und für den in 15 europäischen Ländern präsenten Gesamtkonzern in Reichweite sei: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Schneider, der damit aber nur die Mitte Juli präsentierten, vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr bestätigte. Operativ, also vor Steuern, Zinsen und Steuern, schlägt auf dem deutschsprachigen Kernmarkt ein Plus von 4,6 Prozent zu Buche. Die operative Marge von 1,2 Prozent im Gesamtunternehmen dürfte unter dem Strich weiter rote Zahlen bedeuten – auch eine Erklärung dafür, warum der Gang an die Börse stockt.

Einer der größten Arbeitgeber in Berlin

„Wir sind inzwischen einer der größten Arbeitgeber in Berlin“, sagte Mitgründer Ritter. Dass Zalando so schnell diese Stellung erreichte, wirft aber auch ein Licht darauf, wie schwach die wirtschaftliche Basis in Berlin ist. Unter den 7000 Arbeitnehmern, von denen die Mehrheit in der Logistik tätig ist, arbeitet knapp die Hälfte in der Hauptstadt. Zwei Drittel hätten heute unbefristete Verträge und die Praktikantenquote liege bei unter fünf Prozent, sagte Ritter: „Wir wollen unsere Mitarbeiter dauerhaft halten.“

Dazu gehörten auch die Beschäftigten in den Verteilzentren, wo die Arbeitsbedingungen mehrfach kritisiert worden waren. Er habe selbst ein paar Tage im Verteilzentrum bei Erfurt gearbeitet, sagte Ritter: „Das ist natürlich harte Arbeit. Die Wege sind lang.“ Aber man habe die Bedingungen etwa durch mehr Sitzegelegenheiten an den Arbeitsplätzen verbessert.

So schnell wachsen wie in der Vergangenheit kann Zalando allerdings nicht mehr. Ein Umsatzplus von 29 Prozent auf dem europäischen Markt und von 21 Prozent im deutschsprachigen Raum im ersten Halbjahr ist zwar höher als das Wachstum des Online-Modemarktes insgesamt. Aber 2013 waren die Verkäufe noch um mehr als die Hälfte gestiegen. Auch deshalb braucht Zalando, das im ersten Halbjahr 2014 mehr als eine Milliarde Euro umsetzte, eine andere Story als die der aggressiven Expansion. Langfristiges Potenzial gebe es genug, sagte Ritter: „Am gesamten Modemarkt haben wir erst einen Anteil von 0,5 Prozent.“

Kundnestamm von fast 14 Millionen Nutzern

Es sei inzwischen wichtiger den sich auf fast 14 Millionen Nutzer summierenden Stamm von Kunden zu pflegen, die mindestens einmal im Jahr bei Zalando einkaufen als die Bekanntheit durch Marketingkampagnen zu steigern, sagte Ritter. Dank 500 IT-Spezialisten habe man nun auch eine eigene, der Konkurrenz überlegene Online-Technik. An den Gratis-Retouren will Zalando festhalten. Deren Konsequenzen habe man genau untersucht: „Wenn wir den Kunden die Rücksendungen erschwert haben, dann haben sie weniger gekauft“, sagte Ritter. Das sei am Ende teurer.

Noch etwas war neben der Börse in Berlin tabu. Die Gebrüder Samwer, die schillerndsten Investoren der deutschen IT-Branche und Geburtshelfer von Zalando wurden nicht erwähnt. Sie halten noch 17 Prozent an der Firma. Größter Anteilseigner ist mit 37 Prozent seit 2013 der schwedische Fonds Kinnevik. Zalando soll nicht in Sog der negativen Berichterstattung geraten, die sich um den von den Samwers geleiteten Start-up-Fonds Rocket Internet rankt, dem ebenfalls ein Börsengang vorhergesagt wird. Als „Drei glorreiche Halunken“, wie die „Wirtschaftswoche“ die Samwer-Brüder wegen ihres angeblich windigen Geschäftsmodells brandmarkte, wollen die Zalando-Gründer Schneider, Ritter und Gentz nicht auf dem Titel landen.