Nicht nur die Bundeskanzlerin hält die Förderung von Gründern in Deutschland für verbesserungsfähig. Doch die Koalition kann sich nicht auf konkrete Maßnahmen einigen. Ganz im Gegenteil.

Berlin - Auch die Kanzlerin ist unzufrieden. „Wir haben bei der Förderung von Start-ups viel Zeit verloren“, sagte Angela Merkel jüngst vor Industrievertretern. Dabei hat sich die große Koalition vorgenommen, die Bedingungen für eine neue Gründerzeit in Deutschland zu verbessern. Was konkret getan werden soll, haben das Finanz- und das Wirtschaftsministerium im September in einem Eckpunktepapier festgelegt. Doch die Koalition kommt mit der Umsetzung kaum voran.

 

Die Finanzpolitiker der Unionsfraktion zweifeln sogar, ob die von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplanten Steueränderungen sinnvoll sind. In einem Positionspapier warnen die CDU/CSU-Finanzpolitiker vor Steuererhöhungen, die nicht nur junge, innovative Betriebe treffen würden, sondern auch etablierte Unternehmen – bis hin zum Großkonzern.

Der Streit entzündet sich daran, dass Bundesregierung und Länder den Verkauf kleiner Firmenbeteiligungen von Kapitalgesellschaften steuerpflichtig machen wollen. Bisher gilt bei der Veräußerung von Streubesitzbeteiligungen unter zehn Prozent, dass die Gewinne steuerfrei sind. Dies war Ziel früherer Unternehmenssteuerreformen, die verhindern sollten, dass auf der Unternehmens- und Eigentümerebene mehrfach besteuert wird. Gerade für die Gründerszene sind die steuerlichen Rahmenbedingungen wichtig. Junge Unternehmen sind auf Investoren angewiesen, die Kapital in den Betrieb stecken und dafür oft eine Beteiligung unter zehn Prozent erwerben. Nach einigen Jahren wollen die „Business Angels“ die Beteiligung möglichst mit Gewinn abstoßen. Bisher können sie Gewinne steuerfrei einstreichen.

Es gibt unterschiedliche Vorstellungen für die Förderung

Nachdem zuerst die Bundesländer verlangt hatten, die Steuerbefreiung abzuschaffen, sprach die Start-Up-Szene vom „Anti-Angel-Gesetz“. Daraufhin versuchte die Bundesregierung, mit ihrem Eckpunktepapier die Wogen wieder zu glätten. Mit der Absichtserklärung sichert die Regierung zu, dass junge, innovative Unternehmen nicht mit steuerlichen Änderungen belastet werden sollen. Das Finanzressort prüft nun, wie das Steuerprivileg für diesen Kreis der Unternehmen weiter gelten kann, ohne mit dem strengen EU-Beihilferecht in Konflikt zu geraten.

Einigkeit besteht sowohl im Bund als auch in vielen Ländern, dass die Politik mehr für junge Unternehmen tun muss. Doch was geschehen soll, darüber gibt es unterschiedliche Vorstellungen. So sprach sich der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) für eine Forschungsprämie aus. Die Idee: Mit einer Steuergutschrift für Forschungsaufwendungen soll kleinen und mittleren Unternehmen geholfen werden, in die Entwicklung zu investieren.

Für diesen Vorschlag macht sich auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil stark. Doch in den Koalitionsverhandlungen 2013 konnte sich die SPD damit nicht durchsetzen. Das Finanzministerium befürchtet Mitnahmeeffekte, die dazu führen, dass Unternehmen profitieren, die auf eine Forschungsförderung nicht angewiesen sind. Schäubles Beamte warnen vor hohen Steuerausfällen. Deshalb soll es allenfalls punktuelle Förderungen geben.

Es geht um Mehreinnahmen von mehreren Millionen Euro

Doch dagegen erheben die Finanzpolitiker der Unionsfraktion Einwände. Sie plädieren dafür, an der Steuerbefreiung für Streubesitzanteile festzuhalten. „Die Union hat in den Koalitionsverhandlungen Steuererhöhungen klar ausgeschlossen“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Dabei müsse es bleiben. Es reiche nicht, nur die jungen und innovativen Unternehmen von der Steuer zu befreien. In der Union bestehen Zweifel, ob Ausnahmeregelungen für Business-Angels und Start-ups rechtlich überhaupt möglich sind. Die Parlamentarier ziehen es daher vor, die geltenden Steuerregeln für Streubesitz unangetastet zu lassen. Dabei geht es um viel Geld, die Länder erwarten durch eine Änderung Mehreinnahmen von mehreren hundert Millionen Euro.

Die CDU/CSU-Finanzpolitiker vertreten den Standpunkt, dass es sich nicht um ungerechtfertigte Steuervergünstigungen handelt. Vielmehr habe diese Steuerregel das Ziel, eine Mehrfachbelastung des Gewinns zu verhindern. Auch der Hinweis der Länder, dass die Steuerbefreiung für Dividenden bei Streubesitzanteilen bereits weggefallen ist, überzeugt die Unionsleute nicht. Die Länder befürchten, dass steuerpflichtige Ausschüttungen in steuerfreie Veräußerungsgewinne umgewandelt werden könnten. Die Finanzpolitiker der Union halten es dagegen für einen Fehler, dass die Steuerbefreiung der Dividenden bei Streubesitz abgeschafft wurde.

Die Union will am Steuerprivileg für kleine Beteiligungen auch aus anderem Grund festhalten: Konzerne halten oft kleinere Beteiligungen wie Aktienbestände, um damit Mittel für die betriebliche Altersvorsorge anzusammeln. Eine Belastung der betrieblichen Vorsorge sei kontraproduktiv, sagen die Unionsleute.