Nicht etwa Greenpeace, sondern eine 16-jährige Schülerin aus Stuttgart ist für die neonfarbenen Flecken auf der Königstraße verantwortlich. Was diese Flecken bezwecken sollen und wie es dazu kam, das verriet sie uns im Interview.

Stuttgart - Amelie Bier ist gerade einmal 16 Jahre alt und sorgt zur Zeit mit einer ungewöhnlichen Aktion für großes Aufsehen in der Stuttgarter Innenstadt. Die neonfarbenen Punkte auf der Königstraße, die seit Sonntagnachmittag die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich ziehen, gehen auf ihre Rechnung. Der Grund: Amelie möchte auf den Klimawandel aufmerksam machen.

 

Im Sommer nahm die Schülerin mit drei Freundinnen an der KlimaKunstKampagne teil. Eine Kampagne für Jugendliche vom Berliner Bildungszentrum, die mit verschiedenen Projekten auf den Klimawandel aufmerksam machen wollen. Daraufhin dachte sich Amelie Bier ein eigenes Projekt aus, das kunstvoll zum Klimaschutz anregen sollte.

Über 30 Helfer mobilisierte die 16-Jährige nun am Wochenende in Stuttgart, um mit Kreidefarbe auf der Königstraße so gut wie jeden Kaugummi kenntlich zu machen. Doch das soll nicht der letzte Streich der Schülerin gewesen sein. Im Interview verrät Amelie Bier, welche Aktionen sie in Zukunft an den Start bringen will.

Hast du dich schon immer für den Klimawandel interessiert?
Ich muss gestehen: Das Thema war zwar in den Medien immer gegenwärtig, hat mit mir selbst aber nicht viel zu tun gehabt. Erst als ich im Zuge der Kampagne in Hamburg ein Theaterstück zu dem Thema gesehen habe, ist mir bewusst geworden, wie wichtig dieses Thema ist.

Wie bist du auf die Idee mit den Kaugummis gekommen?
Zuerst hatte ich die Idee, dass man vor dem Beginn der UN-Klimakonferenz in Paris kurz den Strom abstellen könnte. Mir war aber klar, dass das unrealistisch ist. Erst als wir am 9. Oktober auf dem Weg nach Hamburg zum Auftakttreffen der Kampagne waren, kam dann die Idee mit den Kaugummis.

Wieso ausgerechnet Kaugummis?
Zum einen weil Kaugummis eine Spiegelbild unseres Konsums darstellen und es eben nur Menschen in den westlichen Ländern sind, die Kaugummis kauen. Zum anderen sind Kaugummis nicht abbaubar und es ist einfach krass, dass überall auf dem Boden Kaugummiflecken sind, die nie wieder weggehen werden.

Wer hat euch bei der Umsetzung des Projektes geholfen?
Bereits in Hamburg wurde uns eine Partnerin aus dem Bereich Kultur zugewiesen, die uns in Stuttgart unterstützen sollte. Das war in unserem Fall Edith Koerber vom Theater Tribühne. Sie hat uns Tipps gegeben und uns die weiteren Schritte erklärt.

Was musstest du im Vorfeld organisieren, damit du das Projekt umsetzen konntest?
Sonntags sind wir von dem Treffen in Hamburg zurückgekommen und montags bin ich dann direkt zum Ordnungsamt, von dort wurde ich aber zum Tiefbauamt geschickt. Dort waren alle begeistert von dem Projekt, das Problem war aber, eine Farbe zu finden, die sich von selbst wieder löst. Erst am vergangenen Mittwoch habe ich dann die Kreidefarbe gefunden und eine Genehmigung für die Aktion bekommen.

Wie sah die Aktion am Sonntag genau aus?
Insgesamt waren wir am Sonntag fast vierzig Leute und haben uns deshalb in drei Schichten aufgeteilt. Von sieben Uhr morgens bis 12 Uhr haben wir mit vierzig Sprayflaschen versucht, auf der Königstraße von der Buchhandlung Wittwer bis runter zum Hauptbahnhof, so viele Kaugummis wie möglich mit der grünen Kreidefarbe zu besprayen.
Wie haben Passanten reagiert, die euch bei der Aktion gesehen haben?
Vor allem die Älteren waren geschockt und meinten, dass das eine unmögliche Verschmutzung sei. Als wir ihnen aber erklärt haben, worum es uns geht, waren sie dann aber doch begeistert. Andere haben sich gefreut, dass wir auf diese Verschmutzung aufmerksam machen.

Was wolltest du mit der Kaugummi-Aktion in Stuttgart erreichen?
Genau das, was jetzt passiert ist: Aufmerksamkeit. Ich wünsche mir, dass die Leute aufmerksam werden auf den Klimawandel und darauf, dass es notwendig ist, zu handeln. Denn besonders am Sonntag ist mir aufgefallen, dass sich viele Menschen keine Gedanken über das Thema machen, viele junge Leute wussten gar nichts von der bevorstehenden Konferenz. Das hat mich schockiert.

Hast du in Zukunft noch mehr solcher Aktionen geplant?
Da ich und ein anderer Junge aus Frankfurt bei dem Treffen in Hamburg zu den Sprechern der Klima Kunst Kampagne gewählt wurden, werde ich im Dezember mit ihm und der Delegation von Berlin aus erst einmal zur UN-Klimakonferenz nach Paris fahren. Im Vorfeld haben wir eine Postkartenaktion auf der Königstraße geplant, bei der wir mit den Leuten über ihre Anliegen in Bezug auf den Klimagipfel sprechen möchten. Außerdem steht Anfang Dezember eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Der Klimawandel ist da. Was geht mich das an?“ in der Tribühne an.