Die Grünen prüfen, ob das Land ausschließlich von Studenten von außerhalb der EU Studiengebühren erheben könnte. Die Opposition, die Wirtschaft und auch der Koalitionspartner SPD schütteln von vornherein den Kopf.

Stuttgart - Der Vorschlag stammt vom Rechnungshof. Die Haushaltshüter des Landes haben bei der Überprüfung der Musikhochschulen angeregt, von den zahlreichen Studenten aus nicht EU-Staaten in den teuren Studiengängen der Musikhochschulen doch mindestens 2000 Euro Gebühr pro Semester zu erheben. Die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) nannte den Vorschlag schon vor Wochen „eine Option, die ernsthaft geprüft werden sollte“.

 

Ihre Parteifreundin, die Fraktionschefin Edith Sitzmann, hat nun bestätigt, die Grünen überlegten grundsätzlich, ob an den Hochschulen des Landes Studiengebühren für nicht EU-Ausländer eingeführt werden könnten. Allein bei 500 Euro pro Semester kämen so jährlich fast 30 Millionen Euro in die Landeskasse. Laut Statistischem Landesamt waren unter den 333 000 Studenten im vergangenen Wintersemester 28 000 Studenten aus Staaten, die nicht der EU angehören.

Koalitionspartner dagegen

Mit der Äußerung hat Sitzmann nun einen Sturm der Entrüstung entfacht. Prompt meldete sich der Koalitionspartner. „Allgemeine Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger wird es in Baden-Württemberg nicht geben“, erklärte Claus Schmiedel, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, dem SWR.

Dietrich Birk, der Hochschulexperte der CDU, spricht von „glattem Koalitionsbruch“. Grüne und SPD hätten als eine ihrer ersten Regierungshandlungen die allgemeinen Studiengebühren abgeschafft. Nun fehle das Geld im Hochschuletat. Die Lücke durch Gebühren nur für Nicht-EU-Ausländer stopfen zu wollen, hält Birk für rechtlich bedenklich. Er nannte die Überlegungen zudem „ein fatales Signal für Baden-Württemberg als weltoffenes, vom kulturellen Austausch profitierendes Land“. Die Überlegung widerspreche eklatant einem fairen Hochschulzugang in Baden-Württemberg.

Opposition spricht von Heuchelei

Hans-Ulrich Rülke, der Chef der FDP-Landtagsfraktion, sprach von einer „Wiedereinführung von Studiengebühren durch die Hintertür“, für ihn der „Gipfel der Heuchelei“. Er warnte davor, ein solcher Entschluss lasse das Land bezüglich Toleranz und Internationalität nicht in gutem Licht erscheinen. Für Rülkes Landesvorsitzende Birgit Homburger spricht zwar nichts dagegen, über Modelle zur Erhebung von Studiengebühren nachzudenken, aber dieser Vorschlag, der nur die Studenten beträfe, „die die Grünen nicht wählen können“, sei „scheinheilig und durchsichtig“.

Bedenken meldet auch die Wirtschaft an. Bernd Engelhardt von der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) wertet die Idee als einen „Schuss vor den Bug derer, die mit hohem Engagement an der dringend nötigen Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte arbeiten“. Die Regierung müsse sich darum bemühen, die Fachkräfte nach ihrem Studium im Land zu halten, anstatt mit Gebühren dafür zu sorgen, „dass sie gar nicht erst zu uns kommen“. Der Handwerkspräsident Joachim Möhrle dagegen regt an, wieder Studiengebühren für alle einzuführen.

Im Wissenschaftsministerium werden die Überlegungen indes, „in rechtlicher Hinsicht, in Fragen der sozialen Ausgestaltung und im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen geprüft“, teilte eine Sprecherin von Ministerin Bauer mit.