Die Kreispartei baut ihre Vormachtstellung in Stuttgart aus. Muhterem Aras sammelt die meisten Stimmen. Brigitte Lösch geht gestärkt aus der Wahl hervor.

Stuttgart - Muhterem Aras hat am Montag mehr Interviews gegeben als in ihrem bisherigen politischen Leben zusammen. Das lag daran, dass sie von der Kreispartei als Kandidatin für die Grünen-Hochburg Mitte nominiert worden war und dort mit 42,5 Prozent das beste Grünen-Ergebnis im ganzen Land und nebenbei das Direktmandat geholt hat. Dass sich auch Journalisten aus den USA und aus der Türkei bei der Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktion gemeldet haben, lässt sich vor allem mit ihrer Biografie erklären. Aras ist jetzt in aller Munde, weil sie die erste aus der Türkei stammende Abgeordnete im baden-württembergischen Landtag sein wird. Sie selbst schenkt diesem Merkmal wenig Beachtung; Tümelei sei nicht ihr Ding. Ein Job als Migrantinnenbeauftragte würde sie nicht reizen, sagt Aras. Integrationspolitik ließe sich besser darstellen, wenn man ihr Verantwortung für die Finanzpolitik übertrüge. In diesem Metier sei sie zuhause.

 

Mit zwölf Jahren war die 45-Jährige aus Anatolien nach Filderstadt gekommen. Damals sprach sie kein Wort Deutsch. Nach Abitur und Studium eröffnete sie 1999 ein Steuerberatungsbüro in Stuttgart. Seit 1992 ist sie Mitglied der Grünen, seit 2007 eine von zwei Fraktionsvorsitzenden. An Wahlerfolge hat sich die Mutter zweier Kinder mittlerweile gewöhnt. Als die Grünen bei der Kommunalwahl 2009 stärkste Fraktion wurden, war sie einer Ohnmacht nahe. Am Sonntag freute sie sich an gleicher Stelle ebenso unbändig und umarmte, wer es wagte, in ihre Nähe zu kommen - doch diesmal fiel der Blutdruck nicht ab.

Erfolg dank Glaubwürdigkeit

Der steigt aber auch immer, wenn sie an "den Murks bei Stuttgart 21" denkt, und an die CDU, die den Höhenflug der Grünen immer noch als eine Laune der Natur verstünden und nicht etwa als Antwort auf die veränderten Bedürfnisse von Großstadtbürgern, denen frische Luft und Grünzonen wichtiger seien als der Kampf um den letzten Schrägparkplatz. "Unser Erfolg ist kein Versehen", sagt Aras und fordert den politischen Gegner im Rathaus auf, die Schmollecke zu verlassen und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzukehren. Den Erfolg begründet sie auch mit der eigenen Glaubwürdigkeit: "Wir lügen die Leute nicht an", sagt sie. "Damit sind wir wertkonservativer als die CDU." Dass sich deren Spitzenkandidat Stefan Mappus nicht für den Polizeieinsatz im Schlossgarten entschuldigt habe, sei ganz schlecht angekommen, sagt sie.