Stuttgart 21 geht immer tiefer ins Geld. Die jüngsten angekündigten Kostensteigerungen lassen auch den Bundesrechnungshof misstrauisch werden. Doch beim Versuch, das Projekt zu durchleuchten, stoßen die Prüfer scheinbar auf viel Geheimniskrämerei.

Stuttgart 21 geht immer tiefer ins Geld. Die jüngsten angekündigten Kostensteigerungen lassen auch den Bundesrechnungshof misstrauisch werden. Doch beim Versuch, das Projekt zu durchleuchten, stoßen die Prüfer scheinbar auf viel Geheimniskrämerei.

 

Stuttgart - Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner wirft der Bahn vor, bei Stuttgart 21 nicht ausreichend mit den Prüfern des Bundesrechnungshofs zu kooperieren. Behördenleiter Dieter Engels habe ihm berichtet, dass die Bahn auf Fragen nur zögerlich oder gar nicht antworte, sagte der Parlamentarier aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall/Hohenlohe der Nachrichtenagentur dpa. „Ich finde es unerträglich, dass sich ein Unternehmen der öffentlichen Hand der Prüfung entziehen will.“ Die Bahn zeigte sich über die Kritik des Bundesrechnungshofs verwundert; sie kenne die Vorwürfe aber leider nur vom „Hörensagen“.

Die Bundesbehörde prüft das milliardenteure Bahnvorhaben seit Februar 2013. Ebner zufolge sie ein Abschluss der Prüfung in informellen Gesprächen bereits für den vergangenen Sommer anvisiert worden. Als er nun noch einmal nachgefragt habe, hätten die Prüfer auf „schwierige Diskussionen über die Reichweite der Prüfungsbefugnisse des Bundesrechnungshofes“ verwiesen und gar keinen Termin mehr angegeben. Behördenleiter Dieter Engels habe in einem Brief vom Oktober 2013 betont, er hoffe, dass das Unternehmen noch offene Fragen zügig und umfassend beantwortet.

Bundesrechnungshof: Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen

Auf dpa-Anfrage teilte der Bundesrechnungshof lediglich mit, das Prüfungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Mit der Bahn sei man noch im Gespräch über die Reichweite der Prüfungs- und Erhebungsbefugnisse. Es würden mehrere Teilprüfungen mit differenzierten Schwerpunkten vorgenommen, wobei Informationen im Bundesverkehrsministerium, beim Eisenbahnbundesamt und bei der Bahn AG zusammengetragen würden.

Ebner meinte: „Wenn der Bundesrechnungshof über die Einsicht in jedes Blatt Papier mit der Bahn debattieren muss, warten wir noch bis zum Sankt Nimmerleinstag.“ Die Bahn ziehe offenbar die Karte „Betriebsgeheimnisse“. Bei einem Einsatz von Steuergeldern in Milliardenhöhe hätten aber der Bundestag und Gesellschaft ein Recht auf Transparenz. „Die Milliardenmauschelei der Bahn in Sachen Stuttgart 21 muss endlich ein Ende haben“, meinte das stellvertretende Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestages.

Die Bahn hingegen betonte ihr lägen derzeit keine unbeantworteten Fragen des Rechnungshofs vor. Der Konzern habe sehr konstruktiv mit der Behörde zusammengearbeitet und etwa in einer mehrtägigen Veranstaltung sehr ausführlich über Stuttgart 21 informiert.

Der Bundesrechnungshof hatte nach einer ersten Prüfung schon im November 2008 Mehrkosten von zwei Milliarden Euro für den neuen Tiefbahnhof samt Anbindung an die Schnellbahnstrecke nach Ulm prophezeit. Die Prognose des Finanzkontrolleure lautete damals auf mindestens 5,3 Milliarden Euro. Die Kontrolleure traten erneut in Aktion, nachdem der Bahnvorstand im Dezember 2012 eingeräumt hatte, dass sich der Finanzrahmen von 4,5 Milliarden auf 6,8 Milliarden Euro erhöhen könne.

Ebner: Bahn will "Daumen drauf halten"

Die Grünen-Fraktion hatte nach der Ankündigung einer erneuten Prüfung die Bahn-Aufsichtsräte Anfang März 2013 aufgefordert, die Entscheidung über den Weiterbau von Stuttgart 21 aufzuschieben. Das Gremium entschied dennoch wenige Tage später für den kostspieligeren Weiterbau.

Ebner sieht auch den Bundesrechnungshof in der Pflicht, seine Prüfergebnisse der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Es kann nicht sein, dass der Bundesrechnungshof seine Informationen zurückhält, wenn die geprüfte Institution das will.“ Engels hatte Ebner geschrieben, das zuständige Kollegium werde entscheiden, „ob und wie es das Parlament über die Ergebnisse informieren wird“, wenn die Prüfungsergebnisse vorliegen. Ebner argwöhnte aber, dass die Bahn den „Daumen drauf halten will“.