Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Dies wäre ein echter Quantensprung. Bislang scheitern alle Versuche, etwa Internetplattformen einheitlich in der EU zu besteuern, am Veto einiger Mitgliedstaaten wie Irland und Luxemburg, die die Konzerne mit lukrativen fiskalischen Konditionen angelockt haben. Aus den Hauptstädten wird wohl erheblicher Widerstand gegen die Ausweitung der Bereiche kommen, bei denen nach dem Prinzip der qualifizierten Mehrheit abgestimmt werden soll. Klar ist: Die gegenwärtige Vertragsgrundlage der EU sieht die Ausweitung vor.

 

In der Finanzpolitik will Juncker nicht ganz so ehrgeizig vorangehen wie etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er liegt mit seinen Vorschlägen eher auf einer Linie mit den Vorstellungen von Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Juncker erteilt nämlich dem Plan Macrons für einen mehrere Hundert Milliarden Euro schweren eigenen Eurozonen-Haushalt eine Absage: „Wir benötigen keinen separaten Eurohaushalt.“ Auch von einem gesonderten Parlament für die Eurozone hält er wenig. In diesem Bereich wird es noch viele Diskussionen geben.

Ein eigener Kommissar für die EU-Finanzen

Es gilt zudem, den Ausgang der Bundestagswahl und die Regierungsbildung in Deutschland abzuwarten. Denn von der Zusammensetzung der künftigen Koalition sowie der Frage, ob Schäuble Finanzminister bleibt, hängt ab, wie sich Berlin hier positioniert und wie der gemeinsame Vorstoß aussieht, den Paris und Berlin in der Sache unternehmen wollen. Dafür dürfte ein weiterer Plan Junckers im Bundesfinanzministerium nicht gerade auf Begeisterung treffen: Er will die Rolle des bisherigen Kommissars für Finanzen aufwerten und ihn zum Finanzminister der EU machen. Dieser soll auch Chef der Eurogruppe werden, der dem EU-Parlament Rechenschaft ablegen muss. Er soll damit wesentlich mehr Kompetenzen haben als bisher und etwa die Hilfen der EU koordinieren, wenn wieder einmal ein Land in eine Krise kommt und auf Unterstützung der anderen EU-Staaten angewiesen ist.

Darüber hinaus will Juncker die Doppelspitze der EU abschaffen. Künftig soll es nur noch einen Präsidenten geben. Bislang steht Juncker an der Spitze der Kommission, dem Verwaltungsapparat mit 32 000 Mitarbeitern, wo die Sachkenntnis zum Entwickeln von Gesetzgebungsvorhaben angesiedelt ist. Der Pole Donald Tusk ist Präsident des EU-Rates, dem Entscheidungsgremium der Mitgliedstaaten. Dieser Vorschlag dürfte allenfalls langfristig umsetzbar sein.