Weil die Flattichschule zu wenige Schüler hat, sollen die anderen Schulen welche abgeben. Das dürfte vor allem den Eltern der Kinder auf der Grünlandschule missfallen.

Freiberg/Neckar - An diesem Donnerstag steht auf der Tagesordnung des Gemeinderats in Freiberg ein Thema, das die Eltern von Grundschulkindern auf die Barrikaden bringen könnte: Die Stadt möchte den Zuschnitt der Grundschulbezirke ändern. Die Unannehmlichkeiten einer solchen Anpassung sind bekannt: längere Schulwege, Kinder sehen ihre Kindergartenfreunde in der Grundschule nicht wieder und generell das Gefühl der betroffenen Eltern, ungerechtfertigterweise benachteiligt zu werden. In Remseck beispielsweise hat man aufgrund des Elternprotests von einer Anpassung Abstand genommen.

 

In Freiberg wird die Änderung der Bezirke notwendig, weil die Flattichschule im Stadtteil Beihingen für das kommende Schuljahr nur 19 Anmeldungen hat. Der Klassenteiler liegt bei 28 Kindern. Demnach wird es im kommenden Schuljahr in der Flattichschule nur eine Klasse 1 geben. Diese so genannte Einzügigkeit wird von Lehrern und Rektoren jedoch gefürchtet, da sie zu Lasten des pädagogischen Angebots geht: weniger Lehrer, kein inhaltlicher Abgleich mit Kollegen und im schlimmsten Fall klassenübergreifender Unterricht mit mehr als 50 Schülern gleichzeitig. „Und bei Ausfällen von Lehrern, etwa durch Krankheit, haben wir kaum eine Möglichkeit, das zu kompensieren“, sagt Folkert Schröder, der Rektor der Flattichschule.

Im kommenden Jahr ist die Flattichschule einzügig

Nach Angaben der Stadt würde die Flattichschule auch in den kommenden Jahren nur einzügig besetzt werden können. Um das zu verhindern, schlägt die Verwaltung dem Gemeinderat nun vor, bei den Schulbezirken der Grünland- und der Kasteneckschule jeweils einen kleinen Teil abzutrennen und der Flattichschule zuzuschlagen. So könne man zumindest mittelfristig weitgehend dieselben Rahmenbedingungen für alle Freiberger Grundschulkinder schaffen, deren wichtigste Voraussetzung die Zweizügigkeit ist. Das wäre dann vom Schuljahr 2018/2019 an der Fall. „Im kommenden Jahr müssen wir noch in den sauren Apfel beißen“, sagt Bernhard Joos, der Fachbereichsleiter für Kultur und Bildung in Freiberg. Das Vorgehen ist mit dem Schulamt abgesprochen.

Der neue Zuschnitt bringt mehrere Probleme mit sich: Zum einen ist unklar, ob in ein paar Jahren wieder alles geändert werden muss aufgrund von Zu- und Wegzügen in den Stadtteilen. Außerdem ist schwer zu sagen, wie sich die Attraktivität der drei Grundschulen verändern wird, wenn diese ihr Ganztagesangebot unterschiedlich stark ausbauen. Als schwerwiegender könnte sich jedoch ein Detail erweisen: Schüler, die aus dem Bezirk der Grünlandschule der Flattichschule zugeschlagen werden, müssten auf ihrem zukünftigen Schulweg die Autobahn A 81 überqueren (siehe Grafik).

Besondere Brisanz hat der Schulweg für Kinder der Grünlandschule

Besonders brisant: Der kurze Schulweg war eines der Hauptargumente, mit dem die Bürgerinitiative einen Bürgerentscheid zur Zukunft der Freiberger Grundschulen im Dezember 2016 angestrengt hatte. Damals kippte eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Pläne des Gemeinderats, eine zentrale Grundschule zu errichten und die alten Schulen abzureißen. Albert Exler, einer der Sprecher der mittlerweile aufgelösten Initiative kommentiert das Autobahn-Problem so: „Das ist nicht in unserem Sinne, aber wir können es nicht verhindern. Das muss der Gemeinderat entscheiden.“ Im Gespräch mit Befürwortern der Erhaltung aller drei Grundschulen habe sich für ihn gezeigt, dass die Elternschaft gewillt sei, diese Verschiebungen als das geringere Übel hinzunehmen.

Viel mehr Ärger verursache bei ihm das Verhalten der Stadtverwaltung, „die uns stets als den Buhmann hinstellt“. Die nun anstehenden unangenehmen Änderungen, beispielsweise auch eine Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer, würden stets mit dem das Engagement der Bürgerinitiave und deren Entscheid verknüpft.

Bei den betroffenen Eltern der Kinder an der Grünlandschule sei das Problem jedoch noch nicht angekommen, sagt Beatrix Müller, die Gesamtelternsprecherin der Grünlandschule. Bislang habe es keine Beschwerden gegeben. Sie nimmt es gelassen: „Die Änderung der Schulbezirke ist die Konsequenz aus dem Bürgerentscheid. Das wurde damals auch so kommuniziert. Insofern ist das jetzt keine Überraschung.“