Mercedes-Benz will an der Tränke in Stuttgart-Degerloch ein Autohaus bauen, möchte aber auch zwei neue Rampen auf die Bundesstraße. Wirtschaftsbürgermeister Föll will das Projekt zügig auf den Weg bringen, im Rat regt sich Widerstand.

Stuttgart - Eigentlich ist es nur ein Grundstücksgeschäft, über das der zuständige Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen am Freitag beraten will. Doch das Thema hat Brisanz: Die Daimler-Tochter Mercedes-Benz würde im Degerlocher Gewerbegebiet Tränke gern ein Areal erwerben und das bestehende Autohaus von der Sigmaringer Straße 260 dorthin verlagern. Der Kaufpreis liegt bei rund 2,8 Millionen Euro. Der Investor macht allerdings den Kauf von einem verbesserten Anschluss des Gewerbegebiets an die Bundesstraße 27 abhängig – ein nicht nur im Stadtbezirk umstrittenes Vorhaben und ein Projekt, das eigentlich im zuständigen Technikausschuss diskutiert werden müsste. Eine Diskussion ist dort aber gar nicht vorgesehen.Vor zwölf Jahren hatte der damalige Gemeinderat schon einmal einen Grundsatzbeschluss über einen Vollanschluss der Bundesstraße an die Bezirke Möhringen und Degerloch gefasst. Bisher existiert dort nur eine B-27-Abfahrt aus Richtung Stuttgart und eine Auffahrt in Richtung City. Parallel dazu wurde den Degerlochern, die dadurch mehr Verkehr auf ihren Straßen befürchteten, sogenannte Begleitmaßnahmen zugesichert – etwa Einbahnregelungen und weitere Restriktionen für Autofahrer am Knoten Epple-/Tränkestraße.

 

Bei der ökosozialen Ratsmehrheit regt sich Widerstand

Doch der Vollanschluss wurde trotz verschiedener Interventionen diverser Investoren, die an der Tränke den Bau eines Luxushotels planten und damit mehr oder weniger spektakulär scheiterten, nicht realisiert. Jetzt freilich hält der für städtische Liegenschaften zuständige Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) offenbar die Zeit für gekommen, im Zuge der Mercedes-Pläne auch die neue Straßenrampen (Kosten: 1,5 Millionen Euro) mitbeschließen zu lassen. Als Argumentationshilfe dient ihm dabei die nach StZ-Informationen erklärte Absicht des Grundstückskäufers, sich mit 300 000 Euro zunächst an den Baukosten für den Anschluss-Ast Degerloch zu beteiligen, wenn sich die Stadt vertraglich zum Bau bis spätestens Dezember 2017 verpflichtet. In einem zweiten Schritt stellt Mercedes-Benz auch einen Investitionskostenzuschuss von 200 000 Euro für den Bau der B-27-Auffahrt Möhringen in Aussicht.

Gegen das Vorgehen des Bürgermeisters regt sich Widerstand bei der ökosozialen Ratsmehrheit. Zwar ist Mercedes bereit, rund 670 000 Euro mehr zu zahlen als das Grundstück derzeit wert ist. Gleichzeitig aber werden die Baukosten für den ersten Abschnitt des Vollanschlusses auf circa 1,5 Millionen Euro taxiert. Selbst wenn man den Baukostenzuschuss des Käufers von 300 000 Euro abzieht, bliebe unterm Strich eine Extraausgabe von 500 000 Euro, die im aktuellen Doppelhaushalt nicht finanziert ist, rechnet Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold auf StZ-Anfrage vor. Hinzu kämen die versprochenen verkehrsberuhigenden Maßnahmen für Degerloch, die nach seiner Schätzung weitere 1,3 Millionen Euro verschlingen würden.

Für Verblüffung sorgt Föll auch mit seinem Vorschlag zur Finanzierung des Rampenbaus. Demnach könnte man den notwendigen Betrag aus der kürzlich erfolgten Ausschüttung der Flughafen Stuttgart GmbH in Höhe von mehr als acht Millionen Euro finanzieren. Da habe wohl der Wirtschaftsbürgermeister Föll über den ansonsten so auf Sparsamkeit bedachten Finanzbürgermeister Föll gesiegt, heißt es aus den Reihen der Räte. Grüne, SPD und SÖS/Linke haben beantragt, den B-27-Anschluss nach den Sommerferien auf die Tagesordnung des Technikausschusses zu setzen. Bis dahin, so ihre Forderung, „wird das Thema im Rahmen der Beratungen anderer Themen nicht behandelt und werden keine Zusagen an Dritte gemacht“.