Die Bahn kann einen planungsrechtlichen Erfolg feiern: Die erhöhte Entnahme von Grundwasser bei der Stuttgart-21-Baustelle ist genehmigt. Das Eisenbahn-Bundesamt glaubt auch nicht, dass die Gründung des Bahnhofturms untersucht werden muss.

Stuttgart - Während im Messe-Kongresszentrum auf den Fildern um die richtige Planung für die Flughafenanbindung von Stuttgart 21 gerungen wird, kann die Bahn im Talkessel einen planungsrechtlichen Erfolg feiern. Mit der Genehmigung der erhöhten Grundwasserentnahme ist ein dickes Fragezeichen hinter den Bauarbeiten im Mittleren Schlossgarten beseitigt – jenen Arbeiten also, die momentan wegen der Ausgrabungen im Baufeld 16 direkt neben dem Hauptbahnhof ruhen und spätestens am 10. Oktober wieder aufgenommen werden sollen.

 

Dem Planverfahren mit einer zunächst geplatzten und dann um einen Tag verlängerten Erörterung und weiteren hitzigen Debatten attestierte ein Sprecher des Landesumweltministers Franz Untersteller (Grüne) nun einen „korrekten Verlauf“. Für den Minister sei entscheidend, dass das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) eine Gefährdung des Mineralwassers ausschließe.

Die Bahn hatte im April 2011 aufgrund neuer Erkenntnisse die Änderung des Grundwassermanagements beantragt und mehrfach massiv auf eine rasche Genehmigung gedrängt. Denn der Zeitdruck ist groß auf der zentralen S-21-Baustelle in der Innenstadt, wo zuerst ein Trog ausgehoben und dann der unterirdische Bahnhof gebaut wird. Der Züblin-Bauleiter Ottmar Bögel hatte im August erklärt, dass schnellere Bauverfahren möglich seien, wenn mehr Grundwasser entnommen werden dürfe. Das Wasser wird aus den Baugruben abgepumpt, in zentralen Gebäuden gereinigt und dann wieder in den Boden geleitet, um dort für stabile Druckverhältnisse zu sorgen. Das System mit den auffällig blauen Rohren war zuletzt in den Schlagzeilen, weil S-21-Kritiker hohe Eisenbelastungen wegen Rostbefalls vermuteten, was von der Bahn und dem städtischen Amt für Umweltschutz zurückgewiesen wird.

Verschiedene Modelle werden geprüft

Die Genehmigung der erhöhten Grundwasserentnahme bezieht sich auf den Abschnitt Talquerung mit 6,8 Millionen Kubikmetern, aber auch auf den Tunnelbau nach Feuerbach/Bad Cannstatt (1,9 Millionen Kubikmeter) und nach Unter-/Obertürkheim (3,7 Millionen Kubikmeter). Verbunden mit dem Okay aus Bonn sind Auflagen, die vom Regierungspräsidium und von Fachbehörden des Landes und der Stadt angeregt worden waren. Dazu gehört zentral, dass während der Bauarbeiten nicht nur das Grundwasserströmungsmodell der Bahn, sondern parallel dazu vom Amt für Umweltschutz ein sogenanntes Prüfmodell betrieben wird – beide Modelle sollen abbilden, wie sich die Entnahmen auf die Grundwassersituation auswirken und ob der prognostizierte Verlauf mit den gemessenen Daten übereinstimmt.

In einem anderen Punkt ist das Eisenbahn-Bundesamt der Empfehlung des Regierungspräsidiums aber nicht gefolgt. Die Stuttgarter Behörde hatte angeregt, dass die Gründung des Bahnhofsturms eingehender untersucht wird. Damit sollte ausgeschlossen worden, dass der Turm auf Eichenholzpfählen steht, die nach der Entnahme von Grundwasser beim Kontakt mit Sauerstoff faulen und die Standfestigkeit des Turms gefährden könnten. Die Bahn hatte auf Unterlagen verwiesen, nach denen der Turm auf Eisenbetonpfählen gründet – und diesen Angaben ist das Eba gefolgt: „Nach Überzeugung der Behörde ist der Nachweis, dass es sich bei der Gründung nicht um Eichenholzpfähle handelt, erbracht und die Anordnung weiterer Erkundungsmaßnahmen nicht erforderlich“.

Manche Kritikpunkte sind unbegründet

Auch weiteren Kritikpunkten von Anwohnern erteilte das Eba eine deutliche Abfuhr: dass das Strömungsmodell fehlerhaft und die Stuttgarter Verhältnisse zu wenig erforscht seien – unbegründet; dass Hangabrutschungen und Beschädigungen an Häusern zu befürchten seien – nicht nachvollziehbar. Auch dass die Bahn nach starken Regenfällen noch mehr Grundwasser entnehmen darf, winkte das Eba mit dem Hinweis durch, dass das Grundwassermanagement die zusätzliche Menge verkrafte und das Schutzkonzept erhalten bleibe. Für Kritiker wie den BUND ist dieser „Petrus-Faktor“ eine „Freifahrtschein für die Bahn“.

Allerdings ordnete das Eba auch eine unabhängige umweltfachliche Bauüberwachung an, wobei es bei „erheblichen Mängeln die Abberufung der beauftragten Person verlangen“ werde. Darin und in weiteren Auflagen für den Schutz der Bäume sieht der BUND denn auch die „einzigen positiven Punkte“ der Genehmigung.