Für den Bau des umstrittenen Tiefbahnhofs soll mehr Wasser abgepumpt werden, als ursprünglich geplant. Über Risiken und Gefahren sprachen Fachleute am Sonntagabend in einer Fernsehsendung. Die Idee dazu hatte der Projektsprecher Wolfgang Dietrich.

Stuttgart - Birgt es unkalkulierbare Risiken, im Stuttgarter Talkessel für den Bau des Tiefbahnhofs doppelt so viel Grundwasser umzuwälzen als ursprünglich von der Bahn als Bauherrin von Stuttgart 21 geplant: nämlich 6,8 Millionen Kubikmeter statt rund drei Millionen? Diese Frage treibt die Gegner und Kritiker des umstrittenen Projekts seit geraumer Zeit um und beschäftigt vor allem auch jene Hausbesitzer, die in den angrenzenden Gebieten, etwa im Kernerviertel, ihr Eigenheim stehen haben. Sie befürchten, dass durch die Veränderung im Boden der Hang rutschen und es dadurch zu Schäden an den Gebäuden kommen könnte.

 

Die Bahn hat am Sonntag auf neuem Weg versucht, Antworten auf diese und andere Fragen zu geben: vor laufenden Kameras im Studio des regionalen Senders Regio TV, der die zweistündige Sendung live ausgestrahlt hat; sie lief zudem im Internet. An Experten geladen waren der Baumgutachter Bodo Siegert, der Geotechnik-Professor Walter Wittke, Theo Westhoff, der erklärte, wie das Grundwassermanagement funktioniert, der Anwalt Walter-Josef Kirchberg, der das Planänderungsverfahren selbst zum Thema hatte, sowie der Projektleiter Stefan Penn. Wolfgang Dietrich, der Sprecher des Bahnprojekts, der die Idee zu dieser Art der Informationssendung entwickelt und durchgesetzt hatte, begrüßte die Zuschauer. „Wir wissen um die Sensibilität des Themas und möchten daher die Bürger möglichst umfassend informieren“, sagte Dietrich.

Vergleichswerte aus ähnlichen Gebieten dienen als Grundlage

Dazu führte Walter Wittke etwa aus, welche Gebäude beim Tunnelbau durch Senkungen oder Setzungen in den Bodenschichten Schaden nehmen könnten und woher diese Erkenntnisse stammen. Man habe viele Erfahrungen beim Bau von Stollen im gleichen Gestein gemacht, so der Geotechniker. Mit diesen Werten und auf Basis zahlreicher Messungen könne man zuverlässige Prognosen abgeben, welche Folgen die Absenkung des Grundwassers hätten. Insgesamt sei kaum mit Auswirkungen durch das Abpumpen und Zurückführen des Grundwassers zu rechnen. Die absolute Entnahmemenge spiele dabei keine entscheidende Rolle.

Keine Auswirkungen sind durch die Absenkung des Grundwasserpegels nach den Ausführungen des Nürnberger Gutachters Bodo Siegert auch auf den Baumbestand im Mittleren Schlossgarten zu erwarten. Die Wurzeln würden meist ohnehin flach im oberen Boden liegen und nicht wie ein Schnorchel ins Grundwasser reichen, die Bäume würden durch das bei der Verdunstung nach oben getriebene Wasser versorgt, so Siegert. Wie festgeschrieben, werde während der Bauzeit der Wasserhaushalt der Vegetation über Messstationen kontrolliert. „Wenn es sein muss, ziehen wir die Notbremse“, so Siegert. Sein Fazit: „Eine Gefährdung von Bäumen kann ausgeschlossen werden.“

Zentrales Thema der Projektgegner ist zudem das Mineralwasservorkommen im Stuttgarter Untergrund, das zweitgrößte in Europa. Das Grundwassermanagement diene eben auch zum Schutz dieser Quellen, erklärte dazu der Projektleiter Stefan Penn. Der Geologieexperte Theo Westhoff führte zudem aus, dass die Mineralquellen durch umliegende Schichten geschützt seien. „Es gibt genügend Gutachten, die das deutlich machen.“ Zudem seien umfangreiche Auflagen seitens der Behörden gemacht worden, um den Schutz zu garantieren. „Die Bahn hat sich bemüht, möglichst alle Auflagen zu erfüllen“, so Westhoff.