Kritiker legen neue Proben vor, die einen hohen Eisengehalt vorweisen. Sie stünden im Widerspruch zu offiziellen Messungen. Die Ingenieure werfen der Bahn vor, dass gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen werde.

Stuttgart - Seit Anfang August wird das S-21-Grundwassermanagement genauer überwacht. Der Anlass für dieses sogenannte Monitoring an den in Betrieb befindlichen Infiltrationsbrunnen war ein Unfall, bei dem ein Lastwagen in der Jägerstraße die blauen Rohre beschädigte – und gut sichtbar rostiges Wasser austrat. Vor dem Hintergrund einer Messung im Mai, bei der der Grenzwert für abfiltrierbare Stoffe, das sind feinste Partikel, knapp überschritten worden war, empfahl das städtische Amt für Umweltschutz, wöchentlich eine Probe zu nehmen.Dieses vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) angeordnete Monitoring ging in diesen Tagen zu Ende. Wie es weiter geht, ist offen – zumal die S-21-kritischen Ingenieure 22 erneut Proben vorgelegt haben, die erhöhte Eisenwerte in den blauen Rohren nachweisen. „Die Überwachung ist untauglich, und die Rohre müssen ausgetauscht werden“, fordern nun Hans Heydemann von den Ingenieuren 22 und Gerhard Pfeifer vom Umweltverband BUND.

 

Eisenbahnbundesamt: Nicht alle Proben sind analysiert

„Erst wenn alle Ergebnisse vorliegen, wird das Amt eine abschließende Bewertung vornehmen und eine Empfehlung gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt abgeben, das über ein Ende oder die Fortsetzung des Monitorings entscheiden wird“, erklärte am Freitag ein Sprecher der Stadt.

Nach Angaben des S-21-Kommunikationsbüros zeigten alle bisher vorliegenden Ergebnisse, dass „in dem vom Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen Rahmen“ gearbeitet werde, allerdings seien noch nicht alle Proben ausgewertet. Das EBA lässt offen, wie es weitergeht. „Eine abschließende Bewertung des Monitorings ist derzeit nicht möglich, da die letzten Proben noch analysiert werden müssen“, erklärte ein Sprecher. Auf jeden Fall aber würde die im Planfeststellungsbeschluss festgeschriebene Überwachung „unverändert fortgelten“.

Alles klar also mit der Wasserqualität in den blauen Rohren, wie die Verantwortlichen sagen? Nein, meinen die S-21-kritischen Ingenieure 22, die schon im April und Mai Wasser an verschiedenen Stellen des Systems entnahmen, das, so das Ergebnis der Analyse in unabhängigen Labors, stark eisenhaltig und rostbraun war.

Ingenieure 22: Die Rohre rosten innen

Das rührt nach Ansicht der Ingenieure 22 daher, dass die blauen Rohre innen rosten. Wenn das eisenhaltige Wasser – wie im Grundwassermanagement vorgesehen – in den Untergrund zurückgepumpt oder in den Neckar geleitet wird, sehen sie eine Gefahr für das Grund- und Mineralwasser und die Natur. Die städtischen Experten weisen das zurück. Eisen sei kein Schadstoff, sagen sie, das Wasser sei weit davon entfernt, grundwassergefährdend zu sein.

Die Ingenieure 22 sehen sich in ihrer Einschätzung aber durch zwei neue Proben bestätigt, die sie vor wenigen Wochen unter Aufsicht des Rechtsanwalts Roland Butteweg dem System entnommen haben. Die Bestätigung des Juristen und die Analyseergebnisse der Labors liegen der StZ vor.

Grenzwerte bei Proben wurden überschritten

Das am 14. September an zwei Infiltrationsbrunnen am ehemaligen Zentralen Omnibusbahnhof und hinter der Lusthausruine abgezapfte Wasser wies hohe Werte auf: Eine Probe hatte einen Gehalt an abfiltrierbaren Stoffen von 61 beziehungsweise 78 Milligramm pro Liter, die andere von 32 und 13 Milligramm – bei einem im Planfeststellungsbeschluss hinterlegten Grenzwert von 20 Milligramm pro Liter. Der Eisengehalt betrug 29 und 31 Milligramm pro Liter in der einen und vier beziehungsweise 4,9 Milligramm pro Liter in der anderen Probe. Dass die Werte der beiden Proben unterschiedlich seien, lege den Schluss nahe, dass das Wasser eines Brunnens chemisch behandelt worden oder die Zuleitung gespült worden sei, sagt Heydemann.

Verstoß gegen Planfeststellungsbeschluss?

Grundsätzlich liege der Wert für Eisen aber deutlich über dem, der sonst im Grundwasser gemessen werde. Damit werde gegen die im Planfeststellungsbeschluss geforderte Maßgabe, dass das Infiltrationswasser „keinen grundlegend verschiedenen hydrochemischen Charakter“ als das Grundwasser in der Innenstadt aufweisen soll, von der Bahn verstoßen, kritisieren Heydemann und Pfeifer. Sie sind auch empört darüber, dass die Bahn in einer S-21-Werbezeitschrift im Jahr 2010 die Qualität des Infiltrationswassers als „über dem Standard für Grundwasser“ bezeichnete.

Stadt gibt keine Stellungnahme zu den Proben ab

Zu den Werten der Proben wollen sich die Experten bei der Stadt nicht äußern. Sie weisen aber darauf hin, dass die beiden beprobten Brunnen nicht in Betrieb seien. Vor ihrer Inbetriebnahme würden die Zuleitungen gespült. Das Spülwasser komme nicht in den Untergrund, sondern werde in einen Kanal oder in die zentrale Wasseraufbereitungslage im Schlossgarten geleitet.