Die Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP befürchten Klagen wegen des Umgebungslärms. Im Blickpunkt steht dabei auch der VfB Stuttgart.

Stuttgart - Die Debatte über die Bebauung des 22 Hektar großen alten Güterbahnhofareals in Bad Cannstatt erfährt eine Wendung: Der bürgerliche Block von CDU, Freien Wählern und FDP, die immer die Sorge äußerten, Wohnungsbau an dieser Stelle sei gleichbedeutend mit „Sozialmietskasernen (CDU-Chef Alexander Kotz), haben nun unabhängig voneinander signalisiert, die Pläne der Stadt in diesem Punkt nicht mehr unterstützen zu wollen.

 

Was die Parteien eint – aber auch mit den Nachbarn wie VfB Stuttgart, den Hallenbetreibern In Stuttgart und Nutzern wie den Konzertveranstalter Russ sowie die Volksfest- und Frühlingsfestbeschicker – ist die Sorge, dass ein Heranrücken einer Bebauung das Aus für die Veranstaltungsstätten bedeuten könnte; und zwar selbst für den Fall, dass die Wohnhäuser einen Lärmschutzwall in Form von gewerblich genutzten Gebäuden erhielte. Der Unruhestifter erscheint vorzugsweise als sich im Wohngebiet einmietender Fan des Karlsruher Sportclub, der sich bei einem Abendspiel (womöglich in der Champions League) in seiner von 22 Uhr an relevanten Nachtruhe gestört fühlen und diese einklagen könnte.

Alle Beteiligten an einem Tisch

Der Fraktionschef der Freien Wähler, Jürgen Zeeb, hat diesen „Aufschrei“ zu Kenntnis genommen und am Montag alle Beteiligten an einen Tisch geholt, damit sie ihren Standpunkt artikulieren – mit Ausnahme allerdings der städtischen Vertreter, die den Fall auch viel gelassener sehen. Die Verwaltung hat das Spiel des VfB Stuttgart gegen Dortmund lärmschutztechnisch untersucht und glaubt seitdem, Entwarnung geben zu können. Wenn sich einer der Protagonisten im Neckarpark keine Sorgen um seine Zukunft machen müsse, dann sei das der VfB, betonte Bau- und Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD).

Das sieht der neue Präsident Gerd Mäuser aber offenbar ganz anders. Er sorgt sich, seitdem ein von ihm beauftragter Gutachter im Heimspiel gegen Hoffenheim den Lärm gemessen und um acht Dezibel höhere Werte ermittelt hat als die Stadt. Er drohte OB Schuster sofort mit einer Klage, falls sie an ihrer Wohnbebauung festhielte. Mittlerweile werden moderatere Töne angeschlagen. Das Präsidiumsmitglied Stefan Heim sagte, der VfB betreibe keine Kommunalpolitik, sondern warne nur vor möglichen Konsequenzen, die sich aus einer Wohnbebauung ergeben könnten. Dem Mitgeschäftsführer der Stadion KG scheine – anders als seinem neuen Präsidenten – nach den jahrelangen Verhandlungen über den Stadionumbau bewusst zu sein, wie sensibel man im Rathaus auf Druck reagiere, heißt es dort nun.

Mehr als etwa 100 Wohnungen sollen’s nicht werden

Bei den Freien Wählern äußerte auch Paul Woog vom Konzertveranstalter SKS Russ die Befürchtung, künftig auf dem Wasen keine Rockkonzerte mehr veranstalten zu dürfen. Ein berechtigter Einwand, findet Bürgermeister Hahn – allerdings sei es etwa bei AC/DC stets so laut, dass man schon heute froh sein müsse, dass kein Nachbar gegen einen Auftritt klage. Er verweist auf die Mercedes-Benz-Arena, die für Open-Air-Konzerte gedacht sei. Der Verweis auf mögliche Konflikte bezieht sich auch auf den Wasen. Die Volksfestveranstalter und -beschicker müssten aber nicht befürchten, dass die Traditionsveranstaltung untersagt werden könnte. Allerdings rät er zur Verbesserung der nachbarschaftlichen Beziehungen zur Mäßigung – und zu einem Blick nach München. In den Zelten auf der Theresienwiese sei es viel leiser.

Dennoch: Mehr als etwa 100 Wohnungen als Arrondierung des Wohngebiets Veielbrunnen möchten die bürgerlichen Parteien nicht akzeptieren; auch weil sich die Wohnungsnot entspannt habe und Gebiete, wie etwa neben dem Hauptbahnhof und im Gerberviertel dazu gekommen seien. „Der Bürgermeister betreibt Wohnungsbau mit der Brechstange“, sagte CDU-Stadtrat Philipp Hill. Der Fraktionschef Kotz sieht in seinem Kern den Güterbahnhof als Gebiet für die Schaffung von „Handwerkerhöfen“ für kleine und mittlere Betriebe und für ein Nahlogistikzentrum, um Fahrten in die City zu minimieren. Das spare auch Investitionskosten, meint die CDU. Die Ertüchtigung der Unterführung in das Gebiet Seelberg sowie die Kosten für Bildungseinrichtungen in Höhe von rund 35 Millionen Euro könnten unterbleiben.