Der Streit um den Personalabbau bei Europas größter Güterbahn ist nach fast einem Jahr vorerst beendet. Das Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ soll nun umgesetzt werden.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Überraschend gibt es bei der seit Jahren verlustreichen Gütersparte der Deutschen Bahn doch noch eine Einigung über das strittige Rotstiftkonzept des vor zwei Wochen zurückgetretenen Konzernchefs Rüdiger Grube. Der Interessenausgleich sieht den zeitlich gestreckten Abbau von 1935 Arbeitsplätzen bis 2021 vor. Ursprünglich sollten mindestens 3000 Stellen wegfallen. Noch vorige Woche hatte die Arbeitnehmerseite die Einigungsversuche für gescheitert erklärt.

 

Der Vorsitzende von DB Cargo, Jürgen Wilder, und der Chef des Gesamtbetriebsrats, Jörg Hensel, unterzeichneten nun eine Vereinbarung, wonach auch im Güterverkehr „sämtliche Maßnahmen“ des Sanierungskonzepts „Zukunft Bahn“ umgesetzt werden. Die Pläne wurden vor anderthalb Jahren unter Beteiligung von McKinsey-Beratern entwickelt und stießen bei Arbeitnehmervertretern auf rigide Ablehnung.

Das Ursprungskonzept sieht vor, dass DB Cargo mit seinen noch 17 500 Mitarbeitern in Deutschland durch massive Kostensenkung zunächst bis 2018 wieder in die Gewinnzone fahren und danach auf Wachstumskurs gehen soll. Bis zu 450 der 1500 Verladestellen sollten wegfallen, ebenso eine große Zahl der 38 regionalen Standorte, die neben der Zentrale in Mainz bestehen. „Der harte Kurs unserer Betriebsräte war erfolgreich“, kommentiert der Vizechef der Bahngewerkschaft EVG die Einigung. Die Arbeitnehmerseite hatte auch im Aufsichtsrat das Konzept „Zukunft Bahn“ mehr als ein Jahr lang blockiert, was Ex-Chef Grube und seinen ebenfalls ausgeschiedenen Stellvertreter Volker Kefer immer stärker unter Druck brachte.

950 Beschäftigte sollen intern die Stelle wechseln

Der künftige Bahnchef kann nun die Sanierung der Gütersparte besser vorantreiben, deren Marktanteil zwischen 2008 und 2016 von 79 auf 56 Prozent sank und deren Verluste sich auf mehr als 500 Millionen Euro summieren. Gemeinsames Ziel sei es, diesen Rückgang zu stoppen, heißt es im Interessenausgleich. Zunächst sollen im laufenden Jahr jedoch noch 350 Beschäftigte und 2018 weitere 600 Mitarbeiter ihren bisherigen Job verlieren, allerdings neue Tätigkeiten angeboten bekommen.

Vereinbart wurde dazu eine „1:1-Überleitung“ aller Mitarbeiter in die neuen Produktionsstrukturen. In der Verwaltung soll zudem bis Ende 2018 niemand gegen seinen Willen an andere Arbeitsorte versetzt werden. Der Stellenabbau soll erst umgesetzt werden, wenn die neuen Strukturen stehen. Dazu gehört die Schließung von 172 meist kleineren Verladestellen. Von den 38 regionalen Standorten sollen 17 zu kleineren Außenstellen reduziert werden, das operative Geschäft soll künftig auf drei Korridore West, Mitte und Ost konzentriert werden.

Hintergrund könnte die Besetzung des Spitzenpostens sein

Beobachter spekulieren, ob die überraschende Einigung bei DB Cargo die Auswahl des neuen Bahnchefs beeinflussen könnte. Die Arbeitnehmerbank und die SPD könnten nun zu größeren Zugeständnissen bereit sein, wird vermutet. Wunschkandidat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Spitze des größten Staatskonzerns ist angeblich ihr Ex-Kanzleramtschef und Parteikollege Ronald Pofalla, der aber in SPD-, Betriebsrats- und Gewerkschaftskreisen auf Ablehnung stößt. Die Union hat angeblich den Vortritt bei der Besetzung des Führungspostens im größten Staatskonzern – der neue SPD-Chef Martin Schulz will aber mitreden.

Pofalla war CDU-Generalsekretär, Vizechef der Bundestagsfraktion und leitete bis Ende 2013 als Minister die Regierungszentrale, bevor er überraschend seine politischen Ämter aufgab und 2015 als Cheflobbyist zur Bahn kam. Der Wechsel des CDU-Berufspolitikers löste massive öffentliche Kritik aus. Seit Jahresbeginn leitet der studierte Jurist und Sozialpädagoge die Infrastruktursparte des Konzerns als Nachfolger des im Machtkampf unterlegen DB-Vizechefs und langjährigen Bahn-Managers Volker Kefer, der Ende 2016 ausschied. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bahn-bilanz-deutsche-bahn-will-aus-den-roten-zahlen.1117afdb-8f70-4592-bcdc-fb3b210f2462.html