Vom Masseur zum Erfinder hat sich der Hattenhofener Siegfried Rau entwickelt. Mit seiner Sira will er allen Stücklesbesitzern einen Dienst erweisen.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Hattenhofen - Auch wenn sich die Äste unter der leckeren Last durchbiegen, die Früchte bereits von den Bäumen fallen und vor den Mostereien mit Äpfeln und Birnen vom eigenen Stückle oder Garten beladende Autos schon lange Schlangen bilden: hochoffiziell eröffnet das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium die Apfelsaftsaison erst am kommenden Freitag – und zwar bei der Firma Auer Fruchtsäfte in Lauterstein. Der Kreis Göppingen kann jedoch, was das Sammeln von Streuobst angeht, noch mit einer weiteren Neuigkeit aufwarten: dem Sira-Obstsammler, der einzeln oder kombiniert mit dem Sira-Sortiergestell das mühsame Aufklauben wenigstens ein bisschen bequemer macht.

 

Vom Masseur zum Erfinder

Sira steht dabei für Siegfried Rau. Als Masseur weiß der 75-jährige Hattenhofener sehr gut, wo es im Rücken zwicken kann und was für das Kreuz gut ist. Dass permanentes Bücken und schweres Heben nicht zu den empfehlenswerten Therapiemöglichkeiten zählt, weiß aber auch jeder Laie aus womöglich schmerzhafter eigener Erfahrung. Streuobstsammeln wird dadurch nicht unbedingt attraktiver, zumal sich die Erlöse von drei bis fünf Euro pro Doppelzentner in diesem Jahr als zusätzlicher Motivations-Killer erweisen.

Die dolle Rolle im Drahtkorb

Raus Erfindung gleicht auf den ersten Blick einem Handrasenmäher: zwei Räder hinten und eine Rolle vorne. Diese erweist sich bei genauem Hinsehen als Drahtkorb mit flexiblen Lamellen. Bei der Fahrt über die Wiese sammelt das knapp vier Kilogramm schwere Gerät Äpfel und Birnen automatisch auf. Kleine faulige Exemplare, Blätter und Äste fallen wieder heraus. Zurück bleiben pro Fuhre etwa sechs bis sieben Kilo Obst, das sich nach der einfachen Entriegelung eines seitlich angebrachten Verschlusses leicht in eine Kiste kippen lässt. Für eine zusätzliche Gewichtserleichterung sorgt die Hebelfunktion, für die eine Stütze an der Führstange sorgt. Und wer das Aussortieren und Einsacken ebenfalls nicht im Kniestand bewältigen möchte, kann sich mit dem Sira-Sortiergerstell einen weiteren Gefallen tun.

Das Obst wird schonend geerntet

Dass es ähnliche Apparaturen bereits gibt, weiß der Tüftler aus Hattenhofen natürlich. „Mein Obstsammler lässt sich aber schonender bedienen und spießt die Früchte auch nicht auf, so dass sie nicht so schnell faulen“, sagt Rau und benennt damit den entscheidenden Unterschied. Die beschriebene Sanftheit hat jedoch ihren Preis. Für die zunächst von einem Schlosser einzeln angefertigte Arbeitshilfe berechnet sein Erfinder rund 250 Euro pro Stück. Mit ungefähr noch einmal so viel dürfte der Sortierer zu Buche schlagen. „Erst, wenn sich die Verkaufszahlen erhöhen, wird es günstiger werden“, ergänzt der Senior aus Hattenhofen, der sich nach eigenem Bekunden um mindestens zehn Jahre jünger fühlt als er wirklich ist.

Die zweite Erfindung in fünf Jahren

Dass es mühsam sein kann, eine Marktnische für ein neues Produkt zu finden, weiß Siegfried Rau derweil aus eigener Erfahrung. Vor fünf Jahren hat er eine Gerätschaft entwickelt, die Pflegenden ihre Tätigkeit erleichtern sollte. Das sogenannte Pflege-Kipp-Wipp erntete nach Tests in entsprechenden Einrichtungen auch viel Lob. Für eine Aufnahme in die Hilfsmittelliste der Krankenkassen indes hätte die Nutzlast von 120 auf mindestens 130 Kilogramm erhöht werden müssen. „Das wäre prinzipiell kein Problem gewesen“, betont Rau. Es hätte aber einer teuren Nachprüfung bedurft. „Und das war mir dann einfach zu viel des Guten“, fügt er hinzu.

Diese Schwierigkeit stellt sich beim Obstsammler nicht. Auch wenn der Apparat dabei helfen könnte, das eine oder andere Zipperlein zu vermeiden: eine Kassenzulassung wird er keinesfalls bekommen.