Unterwegs im Auftrag des Wave: Seit bald 30 Jahren lebt DJ Dave seine Wave-, Goth- und Achtziger-Leidenschaft auf zahllosen Events und in vielen Clubs der Region aus. Manchmal mit Federboa, manchmal ohne.

Stuttgart - Heutzutage wird das Wort „Urgestein“ in DJ-Kreisen ja schon inflationär verwendet, wenn jemand länger auflegt als es Spotify gibt. Ein richtiges, waschechtes, ausgewachsenes, originäres Urgestein ist allerdings DJ Dave, Stuttgarts gute Seele, wenn es um Wave, Achtziger und Goth geht. Seit bald 30 Jahren steht er hinter den Plattentellern der Region, vermisst die Röhre wohl so sehr wie kaum ein anderer und hat in den Clubs mehr Trends, Bands und Modeerscheinungen kommen und gehen sehen als mancher Vogue-Redakteur. Angefangen hat es bei ihm wie bei so vielen anderen auch: Im Kinderzimmer. „Schon als 13-Jähriger hatte ich in meinem Zimmer eine DJ-Ecke mit einem Plattenspieler und einen Kassettenrecorder. Die Wände waren mit Alufolien und der bunten Aufschrift 'Disco' beklebt“, lacht der Depeche-Mode-Fanatiker herzlich. „Sonntags ab 14 Uhr nahm ich immer die aktuelle Hitparade in SWR3 auf Kassetten auf. Ja, das waren die Dinger, die immer Bandsalat gaben und mit dem Bleistift wieder eingerollt werden mussten.“ Das ist lange her. Seine Musikbesessenheit, die ist geblieben – von A wie Alien Sex Fiend bis zu X wie Xmal Deutschland. Oder so.

 

 

Der "Personal Jesus"-Moment

 

Ab 1983 war natürlich Formel Eins mit Peter Illmann und dem legendären Ingolf Lück, später die Peter Illmann Show im TV ein Muss. Zu dieser Zeit musste man sich diese Sendungen natürlich noch hart im elterlichen Wohnzimmer erkämpfen. Das TV-Format P.I.T. besuchte ich 1985 und 1986 bei der Liveaufzeichnung im Studio. Dabei traf ich auch das erste Mal auf meinen DJ-Namensgeber Dave Gahan von Depeche Mode – nach einer langen, wilden Verfolgungsjagd ins weit entfernte Hotel...

 

Party like it's 1986

 

Schon in den frühen Achtzigern haben mich vor allem die schrägen NDW-Bands (Ideal, Fehlfarben, DAF, Extrabreit, Grauzone, Kraftwerk) und der New Wave am meisten begeistert. Meinen Vater nicht gerade! Seither bin ich der Wave-Szene verfallen und habe nie mehr den Absprung geschafft. Na ja, und deshalb veranstalte ich Pop und Wave sowie Depeche-Mode-Events. Und tue munter so, als seien nicht über 30 Jahre vergangen...

 

Ein Herz für Waver

 

1988 kam ich durch Zufall dazu, dass ich selbst in meinem ehemaligem Lieblingsclub Odeon hinter dem Plattenteller landete. Da nach der Schließung des Odeons alle Folgeclubs (sowas wie 360 oder Skylas) mit dem geplanten Mainstream-Programm ein Hausverbot für uns arme New Waver aussprachen, wir uns aber immer vor dem Club aufhielten und fleißig nervten, hatten sie irgendwann ein Einsehen und wir zogen noch am selben Abend los, um unsere Platten zu holen.

 

Die Rocky Horror Kehrwochen Show

 

Ab Januar 1989 legte ich jeden Dienstag im Rockpalast (heute übrigens der Keller Klub) auf und veranstaltete dort auch Motto-Parties wie zum Beispiel zur Rocky Horror Picture Show. Einmal nahm ich einen befreundeten Patienten, welchen ich während meines Zivildienstes im Olgäle kennen gelernt hatte, in seinem Rollstuhl als Dr. von Scott aus diesem Film mit zur Mottoparty. Die Treppe zum Club herunter war noch ganz lustig, aber die fünf Stockwerke hoch ins Wohnheimzimmer mit drei Holzkisten voll Schallplatten und einem querschnittsgelähmten Freund nicht. Wir haben dennoch viel gelacht und die große Kehrwoche im Treppenhaus war somit auch erledigt.

 

Strapse, Schminke, Federboa

 

Ein anderes Mal im Rockpalast waren zwei Freunde von mir so freundlich, mich auf Grund übermäßigen Alkoholgenusses mitten während des Auflegens nach Hause zu bringen. Leider fiel mir am frühen Morgen als es Sturm klingelt erst ein, dass heute die Fliesenleger kommen und ich noch in Strapsen, Schminke und Federboa bekleidet war und meinen Eimer umarmte. Auch hier waren die Lacher eher auf meiner Seite.

 

Sprung in der Rille

 

Neben zahlreichen Club-Events im Leonberger Catus, dem Subway Schwaikheim, dem Alten Schützenhaus oder dem Musicland war es vor allem die Röhre, die mir viele glückliche Jahre bescherte. In der Röhre legte ich auf dem Achtziger-Floor ausschließlich mit Vinyl-Singles auf. Aber tja, shit happens, und während ich mal kurz pinkeln war, blieb eine Platte hängen, weil sie einen Sprung hatte. Ich konnte es zwar hören, aber in diesem Moment eben rein gar nichts dagegen tun.

 

Neuer Vibe

 

Leider muss das Zollamt zum Jahresende 2016 den Clubbetrieb aufgeben. Mit gebrochenem Herzen, aber dem Blick nach vorne geht es im neuen Jahr dennoch weiter: Im LKA werden zusätzlich zwei Pop- und Wave-Partys, welche sich einst im Alten Schützenhaus und der Röhre schon großer Beliebtheit erfreuten, stattfinden. Und Our Darkness wird erstmals am Samstag, den 21. Januar, im neuen Club The Vibe auf drei Floors mit Biergarten in Fellbach weitergehen.