Die schärferen Waffenkontrollen, die nach dem Amoklauf von Winnenden eingeführt wurden, scheinen zu wirken. Ein Jäger aus dem Kreis Ludwigsburg allerdings weigert sich konsequent, die Kontrolleure ins Haus zu lassen. Jetzt ist der Fall vor Gericht

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Dass Waffenkontrolleure manchmal deutlich werden müssen, weil Waffenbesitzer nicht recht hinhören: das kommt vor. Anders ausgedrückt: „In einigen Fällen mussten verwaltungsrechtliche Maßnahmen angedroht werden, um die Einhaltung der Aufbewahrungsbestimmungen durchzusetzen.“ So steht es in einem Bericht, den der Ludwigsburger Ordnungsamtschef Gerald Winkler kürzlich im Sozialausschuss präsentiert hat und der anschaulich macht, warum Waffenkontrollen sinnvoll sind.

 

Nach dem Amoklauf in Winnenden im Jahr 2009 waren die Waffengesetze in Deutschland verschärft worden. Seit 2010 kontrollieren Kommunen und Landkreise verdachtsunabhängig und regelmäßig, ob die Besitzer ihre Pistolen und Gewehre ordnungsgemäß aufbewahren, und seitdem ist die Zahl der registrierten Waffen deutlich zurückgegangen. So waren in Ludwigsburg im Jahr 2008 noch 1454 Personen im Besitz einer Waffe, derzeit sind es nur noch 724. Auch die Beanstandungsquote ist kontinuierlich gesunken. Anfangs sei es häufiger vorgekommen, dass „Waffen geladen im Nachttisch aufbewahrt wurden“, berichtet Christoph Balzer, der Leiter des kommunalen Ordnungsdiensts. In diesem Jahr aber seien bei knapp 100 Kontrollen keine Mängel mehr aufgefallen.

Der Jäger weigert sich, die Kontrolleure ins Haus zu lassen

Dennoch bleiben die Kontrollen umstritten, was vor allem an der damit verbundenen Gebühr liegt. Ein Jäger aus Ludwigsburg treibt seinen Protest nun auf die Spitze: Nach Angaben des Rathauses weigert sich der Mann seit fünf Jahren, die Kontrolleure in sein Haus zu lassen, weshalb die Stadt ihm vor einigen Monaten die Waffenbesitzkarte entzogen hat. Dagegen hat er geklagt, und das Verwaltungsgericht muss nun entscheiden, ob die Vorgehensweise der Stadt rechtmäßig war. Man wisse bislang nichts über die Motive des Mannes, sagt Winkler.

70 Euro pro Kontrolle verlangt Ludwigsburg, was damit begründet wird, dass diese aufwendig seien. Im Rathaus wurde eigens eine neue Vollzeitstelle geschaffen, „um eine möglichst zeitnahe Überprüfung aller Betroffenen zu gewährleisten“. Wobei der Begriff „zeitnah“ Spielraum bietet: Die Vorgabe ist, dass im Turnus von fünf Jahren alle Waffenbesitzer einmal besucht werden. Geprüft wird dabei beispielsweise, ob die Waffen ordnungsgemäß in speziellen Schränken und getrennt von der Muntion verwahrt werden.

Die Stadt Stuttgart musste die Gebühren senken

Zunächst kommen die Mitarbeiter unangekündigt, aber wenn dann niemand zu Hause ist, wird ein Termin vereinbart. Auch angekündigte Kontrollen seien ein Zugewinn an Sicherheit, sagt Winkler. Denn die Beratung spiele eine große Rolle, weil bei vielen Waffenbesitzern ein erhebliches Informationsdefizit bestanden habe. Es müsse aber jedem klar sein: „Bei den Kontrollen handelt es sich immer um Momentaufnahmen.“

Auch anderswo kam es bereits zu juristischen Auseinandersetzungen. 2012 unterlag ein Waffenbesitzer aus dem Kreis Esslingen , der die Gebühr nicht zahlen wollte, vor Gericht. Mehr Erfolg hatte ein Jäger aus Stuttgart mit seiner Klage: Die Landeshauptstadt verlangte anfangs 210 Euro pro Kontrolle. Zu viel, urteilte das Verwaltungsgericht. Andere Städte wie Ditzingen oder Bietigheim-Bissingen kassieren für verdachtsunabhängige Kontrollen gar keine Gebühr. Der Kreis Ludwigsburg wiederum, der für die kleineren Gemeinden zuständig ist, nimmt 90 Euro.

Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand

Eines aber ist überall gleich: Nach Winnenden und der Einführung der Kontrollen sind Tausende Waffen abgegeben und vernichtet worden. Im Zuständigkeitsgebiet des Kreises Ludwigsburg waren 2009 noch fast 20 000 Waffen registriert, heute sind es weniger als 15 000. Die Zahl der Besitzer sank um mehr als die Hälfte. Noch stärker ist der Rückgang in Bietigheim-Bissingen: von damals knapp 1300 auf heute 481 Besitzer. Dazu allerdings kommt wie überall noch eine Dunkelziffer. „Wie viele unregistrierte Waffen im Umlauf sind, wissen wir natürlich nicht“, sagt Gerald Winkler.