Es ist nur noch ein Schritt bis in den Superbowl am 5. Februar in Houston. Die Halbfinals der National Football League (NFL) versprechen hochklassig zu werden – allen voran dank der vier Spielmacher, die sich am Sonntag messen.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - American Football ist eine nicht ganz unkomplizierte Sportart. Die Erfolgsformel ist aber letztlich doch recht simpel: Teams mit guten Quarterbacks gewinnen viele Spiele, Teams mit schlechten nicht . Was passiert, wenn die Besten der Besten unter den Spielmachern sich messen, werden die Halbfinals der National Football League (NFL) am Sonntag zeigen. Matt Ryan erwartet mit den Atlanta Falcons im sogenannten NFC Championship Game die Green Bay Packers um Aaron Rodgers (21.05 Uhr/Pro7 Maxx und ab 22.30 Uhr in Sat.1), Tom Brady trifft anschließend im sogenannten AFC Championship Game mit den New England Patriots auf Ben Roethlisbergers Pittsburgh Steelers (00.40 Uhr/Sat.1). Wir stellen die vier Star-Quarterbacks vor.

 

540 Punkte, die für „Matty Ice“ sprechen

Matt Ryan (Atlanta Falcons): Der beste Spielermacher dieser Saison heißt – Matt Ryan. Im sogenannten Quarterback Rating, in dem die Leistung anhand sämtlicher relevanter Parameter für die Position gemessen wird, hat er jedenfalls den Bestwert (117,1) fabriziert – dank gigantischen 4944 Yards Raumgewinn mit 38 Touchdown-Pässen bei nur sieben Interceptions (abgefangene Bälle). Damit ließ er Tom Brady (112,2) hinter sich. Aaron Rodgers (104,2) folgt auf Rang vier, Ben Roethlisberger (95,4) auf Rang elf.

Der 31-jährige Ryan aus Exton/Pennsylvania, der einzige dieses Spitzenquartetts ohne Meistertitel, hat nach acht sehr guten Jahren in der NFL in dieser Spielzeit den Sprung auf das allerhöchste Niveau gemeistert. Mittlerweile macht er seinem Spitznamen „Matty Ice“ alle Ehre – eiskalt zerpflückt er die gegnerischen Abwehrreihen. 540 Punkte brachte er in den 16 Partien der Hauptrunde mit seinen Mitspielern um den famosen Ballfänger Julio Jones auf die Anzeigetafel, was Platz sieben in den NFL-Geschichtsbüchern bedeutet. Zuletzt gehörten die Schlagzeilen Rodgers, doch Ryan spielte währenddessen etwas unter dem Radar mindestens genauso gut, etwa im Viertelfinale gegen die Seattle Seahawks (36:20). „Wenn meine Karriere irgendwann vorbei ist, will ich, dass die Leute über mich sagen: Er hat die Meisterschaft nach Atlanta geholt. Es gibt nichts, was mich mehr antreibt“, sagt er.

Alles Rodgers in Green Bay

Aaron Rodgers (Green Bay Packers): Der Satz ist mittlerweile fast schon ein geflügeltes Wort in der American-Football-Welt: „I feel like we can run the table.“ Nach vier Niederlagen hintereinander kündigte Aaron Rodgers dies Mitte November bei einer Zwischenbilanz von nur vier Siegen in zehn Spielen an – und tatsächlich rollten die Green Bay Packers das Feld mit sechs Erfolgen in Serie von hinten auf und schafften es nach dem Weckruf auf den letzten Drücker noch in die Play-offs.

Und in der Endrunde setzte sich die Siegesserie des Meisters von 2011 aus dem US-Bundesstaat Wisconsin nahtlos fort – dank Aaron Rodgers, der mit seinen spektakulären Heldentaten zuletzt für viel Aufsehen sorgte. Zum Auftakt der Play-offs versetzte der 33-Jährige aus Chico/Kalifornien den New York Giants beim 38:18 direkt vor der Halbzeit mit einem sogenannten Hail-Mary-Pass den entscheidenden Nackenschlag in einer bis dahin völlig offenen Begegnung. Und beim dramatischen 34:31-Auswärtssieg gegen die favorisierten Dallas Cowboys zauberte er vergangenen Sonntag erneut magische Aktionen aus dem Hut. „Es ist ein Segen, dass wir Aaron Rodgers haben“, sagt der Packers-Trainer Mike McCarthy. Alles Rodgers in Green Bay!

„Big Ben“ – ein Mann wie ein Baum

Ben Roethlisberger (Pittsburgh Steelers): Es braucht schon ein Motorrad, um Ben Roethlisberger zu Fall zu bringen. Im Juni 2006 verunglückte er nach dem ersten seiner beiden NFL-Meistertitel (2006, 2009) mit seiner Maschine schwer – ohne Helm und ohne gültigen Führerschein. Er brach sich unter anderem den Kiefer und verlor Zähne, sieben Stunden lang wurde er im Krankenhaus operiert. Der taffe Spielmacher erholte sich jedoch schneller als gedacht und wurde bis zum Saisonstart im September wieder fit.

Das zeigt zwei Dinge: Erstens ist Ben Roethlisberger ein Typ, der sich gerne über die Dinge stellt und immer für Schlagzeilen außerhalb des Platzes gut ist. Und zweitens ist „Big Ben“ eben ein Mann wie ein Baum – den haut so schnell nichts um. Auch auf dem Feld. Da vermittelt der unorthodoxe Quarterback oft den Eindruck, als sei er geradezu verwurzelt – obwohl Verteidiger an ihm hängen und zerren, bringt er den Ball dank seiner Urgewalt doch noch an. Weil der 34-Jährige aus Lima/Ohio mit den Schweizer Vorfahren in Le’Veon Bell einen exzellenten Läufer zur Entlastung an seiner Seite weiß und in Antonio Brown über einen Passempfänger der Spitzenklasse verfügt, ist auch beim Topfavoriten New England Patriots am Sonntag alles möglich – wenn er vorher nicht noch auf Motorradtour geht.

Der Jäger des fünften Titels

Tom Brady (New England Patriots): Ben Roethlisberger hat noch nie einen Konkurrenten nach dessen Trikot gefragt, mit einer Ausnahme: Tom Brady. „Ich halte ihn für einen der besten, wenn nicht sogar den besten Spieler aller Zeiten“, sagt der zweimalige Meister von den Pittsburgh Steelers zu dem Gesuch in dieser Saison an den viermaligen Meister von den New England Patriots.

Tom Brady spielt in seiner eigenen Liga, wovon zahlreiche Rekorde wie seine sechs Endspielteilnahmen zeugen. Trotz seiner mittlerweile fast 40 Jahre agiert er weiter auf allerhöchstem Niveau – er scheint von Jahr zu Jahr sogar immer noch besser zu werden. Und er wird wohl erst mit Football aufhören, wenn er mit der Mannschaft aus dem Bundesstaat Massachusetts den fünften Meisterschaftsring nach 2002, 2004, 2005, 2015 an den Finger stecken kann und damit die Quarterback-Legenden Terry Bradshaw und Joe Montana überholt.

Der 39-Jährige aus San Mateo/Kalifornien hat mütterlicherseits übrigens deutsche Wurzeln. In der „Sea Bass School of German“ seines verletzten deutschen Mitspielers Sebastian („Sea Bass“) Vollmer hat er dieser Woche seine Deutschkenntnisse zur Schau gestellt – sie sind jedoch rudimentär: Volkswagen, Sauerkraut. Das war’s.