Hamburg macht vor, wie urbanes Leben am Wasser geht. Mit der Hafen-City erweitert die Hansestadt ihre City um vierzig Prozent. Das neue Stadtviertel an der Elbe könnte auch ein Vorbild für Stuttgart sein.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart/Hamburg - Der Hanseat soll ja wie der Schwabe von Understatement geprägt sein – bei der Hafen-City gibt sich Hamburg allerdings ganz unbescheiden: Das 127 Hektar große ehemalige Hafen- und Industrieareal an der Elbe zwischen Sandtorkai und Elbbrücken setze bei der neuen Bebauung europaweit Maßstäbe, heißt es in den offiziellen Broschüren. Und viele Menschen sehen das ganz genau so: Längst ist die Hafen-City ein Touristenmagnet in Hamburg geworden.Schon die blanken Zahlen sind beeindruckend. Seit dem Jahr 2000 wird das Gebiet langsam von Westen nach Osten entwickelt: 6000 Wohnungen und 45 000 Arbeitsplätze sollen bis zur Fertigstellung im Jahr 2025 entstehen, insgesamt 10,4 Milliarden Euro werden investiert, die Hamburger Innenstadt wird um 40 Prozent wachsen – und das alles nach einem Masterplan, der ökologische Nachhaltigkeit, architektonische Qualität und moderne Urbanität verspricht.

 

Die Kritiker haben allerdings auch stichhaltige Argumente. Mit einem Mietpreis von bis zu 18 Euro pro Quadratmeter könnten es sich nur Reiche leisten, dort zu wohnen. Die Bebauung sei extrem eng, so dass man dem Nachbarn immer ins Wohnzimmer schaue. Und die Architektur der Gebäude bestehe nur aus Solitären, die nicht zueinander passten. Das Desaster um die Elbphilharmonie, die derzeit als westlichster Stern der Hafen-City gebaut wird, ist auch bis in die südlichsten Landesteile Deutschlands gedrungen.

In der Hafen-City fließt das Wasser auf 30 Hektar

Dennoch: Das Wasser ist das bestimmende Element in den Quartieren, 30 Hektar groß ist die Wasserfläche insgesamt. Das zieht die Menschen magisch an. Überall gelte die Regel, dass die Ufer nicht bebaut werden dürfen, sagt André Stark, der stellvertretende Pressesprecher der Hafen-City GmbH. Sie sollen als Promenaden und Parks allen zugänglich sein. Insgesamt zehn Kilometer lang ist diese Uferlinie. Viele Plätze sind so gestaltet, dass sie sich stufenförmig nach unten zum Wasser öffnen. Im Sandtorhafen ist ein Becken für 20 historische Schiffe reserviert, die sich die Besucher anschauen können; im benachbarten Grasbrookhafen entsteht eine Marina für Sportboote. Und derzeit läuft ein Wettbewerb für sechs Hochhäuser, die auf Stelzen direkt im Wasser stehen werden.

Die Fläche, die Stuttgart nach der Verwirklichung von Stuttgart 21 zur Verfügung stünde, ist mit knapp 100 Hektar übrigens annähernd so groß wie jene der Hafen-City. Fast venezianische Verhältnisse wie in Hamburg wird man in Stuttgart aber nicht erwarten dürfen.