Lewis Hamilton gewinnt im Mercedes sein drittes Formel-1-Rennen nacheinander und schockt damit die Konkurrenz – wie auch seinen Kollegen Nico Rosberg. Auf der Strecke in China sah Hamilton die Zielflagge sogar eine Runde zu früh.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Diesmal hat Lewis Hamilton Glück gehabt. Auf der Strecke in China, wo der Engländer im Jahr 2007 den WM-Titel wegwarf, weil er seinen Rennwagen unnötig ins Kiesbett der Boxengassen-Einfahrt beförderte, hat am Sonntag nämlich schon wieder etwas nicht gestimmt. Diesmal sah er die Zielflagge eine Runde zu früh, weil die Chinesen ein dickes Problem mit dem Zählen der Runden hatten. Doch der Mercedes-Pilot schaltete im richtigen Moment. „Ich war voll darauf konzentriert, eine weitere Runde zu fahren, schaute kurz nach oben und sah für einen Sekundenbruchteil die Flagge. Für einen kurzen Moment ging ich vom Gas, doch dann sah ich, dass niemand zum Jubeln an der Boxenmauer stand – also fuhr ich weiter.“

 

Gut so – denn vielleicht hätte ihn ja noch einer überholt. So aber blieb es dabei: Lewis Hamilton gewann den Großen Preis von China vor seinem Markenkollegen Nico Rosberg. Es war sein dritter Sieg nacheinander, und er war damit aufgerückt zu Rennfahrerlegenden wie Niki Lauda und Jim Clark. Alle drei kommen jetzt auf jeweils 25 Rennerfolge, das tat irgendwie gut – und das war zu spüren auf dem Podest.

Glücklich wie lange nicht mehr

Lewis Hamilton lauschte der britischen Hymne mit einem zufriedenen Lächeln, und er hörte damit auch nicht auf, als es noch das deutsche Nationallied für den Stuttgarter Konstrukteur obendrauf gab. Eine vollauf gelungenen Sache war das. Der dritte Mercedes-Doppelerfolg in Folge – und der Weltmeister des Jahres 2008 befand sich im Glück wie lange nicht mehr. Die vergangenen Jahre waren ja auch turbulent. Der Dauersieger Sebastian Vettel hatte dem hochambitionierten Briten wichtige Jahre gestohlen. Hin und wieder saß er auch mutlos herum, weil ihn die mal wieder an einem Tiefpunkt angelangte On-off-Beziehung mit dem Musiksternchen Nicole Scherzinger aus der Bahn warf. Und er war in den vergangenen Jahren auch gut damit beschäftigt, sich von seinem Übervater Anthony Hamilton zu emanzipieren.

Nun ist der Sohn erwachsen – aber vor allem zurückgekehrt in die Erfolgsspur. Noch vier Punkte liegt der 29-Jährige hinter Rosberg, der das erste Saisonrennen gewann und damit die vier Mercedes-Siege in den ersten vier Rennen perfekt machte. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann Lewis Carl Davidson Hamilton auch in der Fahrerwertung wieder die Nummer eins ist. Inoffiziell darf er als solche nach seinen drei Siegen zuletzt schon bezeichnet werden. Er arbeitet erfolgreich daran, die angepeilte Hackordnung herzustellen, wonach Rosberg die Nummer zwei ist – und er, der bereits mit dem britischen Ritterorden MBE ausgestattete Champion des Jahres 2008 die Nummer eins.

„Es fühlt sich großartig an“

„Es fühlt sich klasse an, einfach großartig“, sagte Hamilton nach seinem Hatttrick, den er in China mit seinem eindrucksvollen Start-Ziel-Sieg klar gemacht hatte. Er könne kaum glauben, wie gut das Auto sei, und diese Ergebnisse würden den Einsatz der Mannschaft nur unterstreichen, setzte er zum Lob an, um aber auch zu warnen: „Die anderen werden aufholen, deshalb müssen wir am Ball bleiben.“

Während also Hamilton mit sich und der Welt im Reinen war, machte Rosberg ein etwas zerknirschtes Gesicht. Er kam schlecht vom Start weg, geriet in eine Kollision und war ohne Telemetrie-Daten unterwegs. „Da konnten die in der Box überhaupt nichts von meinem Auto sehen“, erklärte er, insofern sei sein zweiter Platz „echt noch okay“ und eine Art Schadensbegrenzung. „Ohne Telemetrie ist es ein Blindflug“, urteilte der Mercedes-Sportchef Toto Wolff über das Handicap.

Rosberg befindet sich schleichend auf dem Weg zur Nummer zwei, wenn er seinen Partner nicht bald besiegt. Hamilton wird das sich abzeichnende Kräfteverhältnis derweil noch stärker machen. So traumhaft Doppelerfolge auch sind – sie stellen den Frieden auch auf eine harte Probe.