Frisch Auf Göppingen ist die Nummer eins in Handball-Württemberg, doch der Emporkömmling TVB 1898 Stuttgart rückt vor dem Derby an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) näher.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Natürlich ist die Tabelle nur eine Momentaufnahme. Und selbst wenn der TVB 1898 Stuttgart an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) in der ausverkauften Porsche-Arena mit einem Sieg an Frisch Auf Göppingen vorbeiziehen würde, wäre das noch keine Wachablösung in der württembergischen Handball-Hierarchie. „Die Lücke zwischen beiden Clubs ist kleiner geworden, gar keine Frage“, sagt TVB-Geschäftsführer Jürgen Schweikardt, „doch Frisch Auf hat eine über 60 Jahre alte Handball-Tradition, da rüttelt man nicht von jetzt auf nachher an der Vorherrschaft“. Auch der TV Bittenfeld, der seit der Saison 2015/16 als TVB 1898 Stuttgart antritt, hat eine große Handball-Tradition, aber eben auf einem anderen Niveau. Mitte der neunziger Jahre spielte das Team noch in der Landesliga. „Als Kind war ich Fan von Frisch Auf, das war mein Verein in der Bundesliga, so wie eben der VfB im Fußball“, erinnert sich Jürgen Schweikardt. Sein Vater Günter, heute sportlicher Leiter des TVB, holte als Spieler von Frisch Auf 1972 die letzte von insgesamt elf deutschen Meisterschaften der Göppinger.

 

Verpflichtungen von Bitter, Kraus und Baur als Ausrufezeichen

Jetzt spielen Stuttgart und Göppingen in der gleichen Liga. „Wir sind der kleine Bruder, aber irgendwann will der den großen Bruder angreifen“, gibt sich Jürgen Schweikardt durchaus kämpferisch. Doch ob das in zwei, drei, vier oder fünf Jahren der Fall sein wird – der TVB-Geschäftsführer zuckt mit den Achseln. „Erst einmal müssen wir uns in der Bundesliga etablieren.“ Das heißt einen Platz zwischen neun und zwölf belegen, um für die folgende Saison frühzeitig Planungssicherheit zu haben. Immerhin: Die Verpflichtungen von Stars der Branche wie den Weltmeistern Johannes Bitter, Michael Kraus und Trainer Markus Baur waren Ausrufezeichen. Auch Kreisläufer Manuel Späth (elf Jahre bei Frisch Auf) wird dem TVB von der neuen Saison an vor allem in der Abwehr deutlich weiterhelfen.

„Frisch Auf hat noch keinen Spieler an den TVB Stuttgart abgegeben, den wir unbedingt halten wollten“, hat Göppingens Geschäftsführer Gerd Hofele vor Kurzem gesagt. Schweikardt fand die Aussagenicht ganz so glücklich: „Selbst wenn das Fakt ist, hängt man das nicht an die große Glocke, das ist gegenüber den Spielern nicht die feine Art.“ Hofele hält trotz des sehr bescheidenden Saisonstarts seines Teams entgegen: „Bisweilen darf man auch ein bisschen Selbstvertrauen zeigen.“

Hofele wünscht sich sogar nach Bietigheim als weiteren Derby-Gegner

Die wachsende Konkurrenz aus der Landeshauptstadt wird im Filstal genauestens im Auge behalten. Flapsig abgetan wird der Emporkömmling nicht. Vielmehr wird über den Rivalen intern mit viel Respekt diskutiert. Offiziell geben sich die Verantwortlichen betont gelassen: „Die Erfolge des TVB beeinflussen unsere unternehmerischen Planungen nicht“, betont Hofele, „Ich wünsche mir sogar noch die SG BBM Bietigheim zu Stuttgart und Balingen in der Bundesliga hinzu.“ Ganz nach dem Motto: Eine gesunde sportliche Rivalität belebt das Geschäft. Schweikardt sieht das im Übrigen genauso: „Je mehr Derbys es gibt, umso mehr Bedeutung genießt der Handball in der Region.“

Im Kampf um die Spieler bewegen sich Stuttgart und Göppingen im selben Markt. TVB-Keeper Bitter steht nach wie vor ganz weit oben auf der Frisch-Auf-Wunschliste für die neue Saison. Was Sponsoren und Zuschauer betrifft, halten sich die Überschneidungen in Grenzen. Am ehesten gibt es im Raum Schorndorf und Esslingen Fans aus beiden Lagern. „Frisch Auf hat mehr eingefleischte Fans in Göppingen als wir in Stuttgart“, weiß auch Schweikardt.

Was nichts daran ändert: Will der TVB weiter nach oben kommen, muss er auf die Strahlkraft der Landeshauptstadt setzen. Als nächsten Schritt will der TVB alle Heimspiele in der Porsche-Arena austragen. Doch zunächst gilt es in dieser Saison den Klassenverbleib zu schaffen. Das wird schwer genug, vor allem wegen des derzeit großen Verletzungspechs. Geht die professionelle Arbeit unter der Regie von Geschäftsführer Schweikardt jedoch so kontinuierlich weiter wie in den vergangenen Jahren, ist eine Wachablösung in Handball-Württemberg mittelfristig nicht undenkbar – völlig unabhängig vom Ausgang des Derbys an diesem Mittwoch.