Die Rhein-Neckar Löwen kommen erstmals als deutscher Meister zum Endturnier des DHB-Pokals nach Hamburg und wollen nach neun gescheiterten Versuchen endlich auch den Cupwettbewerb gewinnen.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Mannheim - Die Bilanz ist desaströs. Zum zehnten Mal reisen die Rhein-Neckar Löwen zum Final Four um den Pokal des Deutschen Handballbunds (DHB). Noch nie hat es zum Titel gereicht. Oft war schon nach dem Halbfinale am Samstagabend Schluss. Jennifer Kettemann kennt diese schlimme Serie, obwohl die ehemalige SAP-Managerin erst seit Mai 2016 im Handballgeschäft tätig ist. Die Geschäftsführerin der Löwen kämpft nun gegen dieses Trauma mit ihren eigenen Waffen: Sie bietet den Sponsoren ihres Clubs zum ersten Mal eine Reise an, bei der sie zweimal – am Samstag und Sonntag – Löwen garantiert. Scheitert ihr Team am Samstag (17.30 Uhr) im Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt, geht’s mit den Sponsoren am Sonntag in den Tierpark Hagenbeck – den Löwenkäfig anschauen. „Das ist natürlich nicht unser Ziel, aber eine nette Auflockerung. Ich denke, dass wir mit Humor jedes Trauma überwinden können“, sagte die 34-Jährige dem Magazin „Handball Inside“.

 

Es passt ins Bild

Irgendwie passt es ins Bild, dass die Löwen beim größten Fest dieser Sportart in Deutschland gegen Flensburg um den Sprung ins Finale antreten. Wieder einmal. Die vergangenen viermal (dreimal im Halbfinale, einmal im Viertelfinale) sind die Löwen im nationalen Pokalwettbewerb an den Flensburgern gescheitert. Meist hauchdünn. Nach großem Kampf und ebenso großer Dramatik. „Ich schaue mir die Auslosung schon gar nicht mehr an und bereite mich vorab auf Flensburg vor“, erklärte Löwen-Trainer Nicolaj Jacobsen mit ernster Miene.

Die Fans der Gelbhemden haben in der Hansestadt viele Tränen vergossen. Diese Last der Vergangenheit im DHB-Pokal wiegt schwer. Und auch diesmal spricht im Halbfinale mehr gegen als für die Löwen. Zuletzt flogen sie gegen den THW Kiel im Achtelfinale aus der Champions League. In diesen Big-Point-Begegnungen spielte Jacobsen meistens mit seinen sieben, acht Stammkräften durch. Das geht an die Substanz. Die Badener haben den engsten Kader aller Spitzenteams. Die Trainingssteuerung ist seit Februar auf Regeneration ausgerichtet. Dennoch hatte ein Weltklassemann wie Spielmacher Andy Schmid zuletzt nicht mehr die Topquoten wie sonst.

Im Tor nicht so stabil

Auch im Torwartbereich wirken die Löwen nicht so stabil wie Kiel und Flensburg. Und direkt nach dem Aus gegen Kiel ließ sich Rückraumspieler Kim Ekdahl du Rietz zu der Aussage hinreißen: „Manchmal denke ich, wir sind so ein Haufen Loser. Immer wenn es drauf ankommt, schaffen wir es so eben gerade nicht. Das ist schade.“

Das war ehrlich gemeint, aber nicht besonders clever. Denn es gibt einen Unterschied zwischen den Versuchen, in den vergangenen Jahren den Pott zu holen, und dem zehnten an diesem Wochenende: Die Löwen kommen als amtierender deutscher Meister. Sie haben also schon einmal bewiesen, dass sie dem enormen Druck standhalten und einen großen Titel gewinnen können. „Es ist schön, im Pokal zu spielen, schöner noch in der Champions League, aber die Meisterschaft, das ist der mit Abstand wichtigste Titel“, sagt Trainer Jacobsen. Auf den tätowierten Unterarmen des früheren dänischen Weltklasse-Linksaußen sind Sterne zu sehen. Die drei großen für seine Kinder Freija (19), Sille (16) und Linus (9). Die vielen kleineren für jeden gewonnenen Titel. Wird das Halbfinaltrauma gegen Flensburg überwunden, stehen die Chancen für einen weiteren Stern nicht schlecht. Und im Tierpark Hagenbeck würden sich am Sonntag weniger Menschen mit langen Gesichtern vor dem Löwenkäfig aufhalten.