Frisch Auf mischt mit dem neuen Coach Magnus Andersson in der Handball-Bundesliga vorne mit und erwartet am Mittwochabend (20.15 Uhr/Sport 1) als Tabellendritter den zweitplatzierten Rekordmeister THW Kiel zum Spitzenspiel.

Göppingen - Auch in den Wäldern und Wiesen ist Magnus Andersson nicht mehr sicher. Wenn sich der neue Trainer von Frisch Auf Göppingen in seinem Wohnort Salach mit der Hündin Hilda zum täglichen Spaziergang aufmacht, wird er immer öfter in ein Gespräch verwickelt. Der Schwede ist in der rund 8000 Einwohner großen Gemeinde, die er im Sommer zu seiner neuen Wahlheimat gemacht hat, schnell ein gefragter Mann geworden.

 

Das Thema ist ja auch erfreulich: der überraschende Höhenflug des Handball-Bundesligisten aus der sieben Kilometer entfernten Nachbarstadt. Der gipfelt nun an diesem Mittwoch (20.15 Uhr/Sport 1) in der Göppinger EWS-Arena im Spitzenspiel vor 5600 Zuschauern gegen den Deutschen Meister THW Kiel – der Tabellendritte empfängt den Zweitplatzierten.

Längst ist die Begegnung ausverkauft. Und im erfolgshungrigen Umfeld des Traditionsclubs wird schon hinter vorgehaltener Hand getuschelt – von der Champions League, gar von einer möglichen Deutschen Meisterschaft. Magnus Andersson quittiert das mit einem freundlichen Lächeln und einem sanften Kopfschütteln. „Ja“, sagt der 48-Jährige, „hier in der Region herrscht eine große Begeisterung. Aber von Meistertiteln zu reden ist nicht realistisch. Und man sollte nicht vergessen: wenn man zu spekulieren beginnt, kann es sehr schnell in die andere Richtung gehen.“

Längst ist verlorenes Selbstvertrauen zurückgewonnen

Dabei kennt sich der coole Schwede mit der Produktion von Erfolgen aus. Als Spielmacher zählte er zu den Allerbesten seiner Zunft, sammelte zwei Weltmeistertitel (1990 und 1999), war dreimal Europameister (1994, 1998, 2000), gewann drei Silbermedaillen bei Olympischen Spielen (1992, 1996 und 2000) und feierte mit HK Drott Halmstad sechs schwedische Meistertitel. Von seinem handballerischen Knowhow profitiert er auch als Trainer. Mit dem europäischen Topteam aus Kopenhagen wurde er Dänischer Meister (2008) und Pokalsieger (2010).

Und jetzt Göppingen. Im Sommer hat Magnus Andersson eine verunsicherte Mannschaft übernommen, die in der vergangenen Saison um den Klassenverbleib kämpfen musste. Längst ist verlorenes Selbstvertrauen zurückgewonnen, Frisch Auf spielt wieder erfolgreich. Und zwar erfolgreicher, als das zu erwarten war.

Andersson indes weiß, dass da viele Komponenten zusammenfließen: Rückenwind durch einen guten Saisonstart, ein bisschen Glück – und in Zarko Sesum und Kevynn Nyokas zwei Neuzugänge, die eine neue Qualität in das Team brachten. „Das kann auch anders laufen“, sagt der Schwede. Dass es das nicht tut, hängt neben hoher fachlicher Kompetenz auch mit dem neuen Stil zusammen, der mit Andersson bei Frisch Auf eingezogen ist. „Er hat großen Anteil an unserem Erfolg“, sagt der Göppinger Rückraumspieler Felix Lobedank, „er sucht den Dialog und hat gleichzeitig ein klares Konzept.“ Und der neue Trainer verfügt ganz offenbar über die Gabe, die Balance zu halten. „Ich bin der Chef“, sagt er, „aber ich darf auch nicht alles vorgeben, sonst gibt es keine Kreativität.“

Als Spieler war Magnus Andersson auch in Schutterwald

Die integrative Kraft des Magnus Andersson hat bei Frisch Auf Göppingen einiges in Bewegung gebracht. „Er hat sofort die Vereinsbrille aufgehabt, eine offene Kommunikation praktiziert und damit auch unsere Unternehmenskultur positiv verändert“, sagt der Frisch-Auf-Geschäftsführer Gerd Hofele. Der Schwede ist als Trainer ein Teamplayer geblieben. „Es ist wichtig, das man echt ist. Wenn man versucht, Rollen zu spielen, dann klappt das nicht“, sagt er.

Magnus Andersson, ein Glücksfall für Frisch Auf – aber es ist kein Zufall, dass er in Göppingen arbeitet und nicht bei einem großen europäischen Club. Das hat mit seinem Naturell zu tun. „Man geht doch gerne zur Arbeit, wenn man Spaß hat und sich wohlfühlt“, sagt er als einer, der immer schon das große Ganze im Blick hatte. Als Spieler, sagt er, „habe ich drei-, viermal den besten Vereinen der Welt abgesagt“.

Stattdessen spielte Andersson im Schwarzwaldörtchen Schutterwald oder in Halmstad, wo er auch ein Haus gebaut hat – weil es ihm dort gefiel. Geld ist auch wichtig, sagt der 48-Jährige, aber längst nicht alles. Da gibt es beispielsweise die Natur. Auch deshalb fühle er sich in Salach „super wohl“. Und es stört ihn ganz und gar nicht, wenn er in den Wiesen und Wäldern am Trauf der Schwäbischen Alb seine Spaziergänge mittlerweile ab und an für ein Schwätzchen unterbrechen muss.